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Mindeststandard für Öko-Essen

Neue Bio-Verordnung der EU seit heute in Kraft. Erstmals gilt sie auch für Nutztiere. Nachfrage steigt rasant

BERLIN taz ■ Heute tritt die neue europäische Bio-Verordnung für Lebensmittel in Kraft. Ab sofort gibt es damit auch für tierische Nahrungsmittel gesetzliche Regelungen, welche Produkte als „ökologisch“ oder „biologisch“ bezeichnet werden dürfen. Europaweit gelten jetzt Mindeststandards für die Tierhaltung unter dem Öko-Label; so ist etwa Käfighaltung grundsätzlich verboten.

Die Neuregelung erfreut sich breiter Zustimmung. „Trittbrettfahrer haben es künftig noch schwerer, Plagiate auf den Markt zu bringen“, meint etwa Stefanie Ludes von der Verbraucher-Initiative. Unter die bisherige Verordnung aus dem Jahr 1991 fielen nur pflanzliche Lebensmittel – die Neufassung macht jetzt endlich auch Schluss mit Namen wie „Bioghurt“ für Joghurt, der doch nur konventionell ist.

Freuen dürfen sich nicht nur die Verbraucher, die sicher sein können, keine Schnitzel aus mit Tiermehl und Antibiotika vollgestopften Tieren in der Pfanne zusammenschrumpfen zu sehen, sondern auch die Viecher. Legebatterien, künstlich verkürzte Tage, enge Mastfabriken ohne Tageslicht und Revierkämpfe in viel zu kleinen Ställen darf es bei Öko-Produkten nicht geben: Alle Tiere müssen Auslauf haben. Um Überweidung und Wasservergiftung zu verhindern, ist deren Zahl an die bewirtschaftete Fläche gebunden. Wer kein Land beackert, darf keine Bio-Tiere halten. Schließlich basiert die Verordnung auf dem jahrzehntelang etwas vergessenen Gedanken, dass die Natur in Kreisläufen funktioniert und dass Mist ein wunderbarer Dünger ist.

Die Verordnung kommt zur rechten Zeit. Denn die Nachfra- ge nach Bio-Fleisch ist derzeit kaum zu befriedigen. Nicht enden wollende Skandale um BSE, Hormonfleisch und Dioxin-Eier dürften ihren Teil zum Anstieg beigetragen haben.

Trotzdem werden in Deutschland erst 2,6 Prozent der Flächen ökologisch bewirtschaftet. Die Zahlen steigen zwar stetig, bis aber Werte wie in Österreich – über zehn Prozent – erreicht werden, ist es ein langer Weg. Der soll verstärkt über Supermärkte führen, schließlich sind die wenigsten Bundesbürger Kunden im Naturkostladen, aber drei Viertel bekunden nach einer Studie der Centralen Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft CMA, „bio“ kaufen zu wollen. Die Ansätze sind ermutigend, wird doch in einzelnen „normalen“ Geschäften bereits mehr als ein Zehntel Bio-Fleisch verkauft. Obwohl es deutlich teurer ist.

Um es für den Kunden klarer zu machen, was er guten Gewissens kaufen kann, gibt es seit Anfang des Jahres ein einheitliches „Öko-Prüfzeichen“ der in der Arbeitsgemeinschaft für ökologischen Landbau (Agöl) zusammengeschlossenen Anbauverbände und der CMA. Dessen Anforderungen gehen über die Vorschriften der EG-Verordnung noch hinaus: Wer das deutsche Siegel bekommen möchte, muss zum Beispiel seinen kompletten Bauernhof umstellen – nach der EG-Verordnung kann ein Betrieb, der pflanzliche Ökoprodukte erzeugt, weiterhin konventionelle Tierhaltung betreiben. Die Agöl schreibt außerdem vor, dass mindestens die Hälfte des Futters vom eigenen Hof stammen muss, während die Verordnung keine Werte nennt. Ein verarbeitetes Produkt darf sich nach Ansicht Brüssels als „Bio-“ bezeichnen, wenn es zu 70 Prozent „bio“ ist – das Öko-Prüfzeichen verlangt 95 Prozent. Aber in einem sind sich alle einig: Gentechnik hat in einem Bio-Produkt nichts zu suchen. MATTHIAS SPITTMANN

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