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Der Euro kommt – die Banken fürchten das Chaos

Unternehmen und Supermärkte bereiten sich bereits auf die neue Währung vor. Doch noch ist ungeklärt, wer die Kosten für die Umstellung trägt

BERLIN taz ■ Noch 494 Tage bleiben der D-Mark, dann kommt der Euro auch als Bargeld. Viele Unternehmer haben daher bereits Euro-Beauftragte ernannt, Betriebe bieten Fortbildungen an, bei denen ihre Angestellten sich schon mal ein bisschen in die neue Einheit einrechnen dürfen.

Supermärkte testen seit Wochen, wie „krumme Preise“ bei den Kunden ankommen. So kostet ein Joghurt mancherorts plötzlich 44 Pfennig – statt wie gewohnt 39 oder 49. Denn: Die bislang üblichen Preissprünge in 10-Pfennig-Schritten, der 9 als Endziffer zuliebe, wird es nach der Euro-Umstellung nicht mehr geben: 10 Eurocent – das wären jedes Mal (fast) ganze 20 Pfennig.

Doch während sich im Supermarkt die wenigsten über die ungewohnten Preise Gedanken machen – „det is halt so“, meint eine Berliner Lidl-Kassiererin –, sehen die Banken dem Euro-Zeitalter mit Sorgen entgegen: „Es sind weder Lager- noch Transportressrourcen vorhanden, um die benötigte Menge an Euro-Bargeld zu transportieren, zu lagern und gleichzeitig die DM-Bargeldbestände einzuziehen“, warnte Wolgang Arnoldt, stellvertretender Geschäftsführer des Bundesverbands deutscher Banken, gestern in Berlin.

Der Bankenverband fordert daher von der Regierung zweierlei: Erstens solle sie die Bundeswehr zu Hilfe rufen. Soldaten könnten die Sicherheit der Tranporte gewährleisten. Arnold: „Ich stelle mir das so vor: Vorne und hinten jeweils ein Polizeimotorrad, in der Mitte ein Militär-Lkw, auf der Ladefläche sitzen Soldaten.“ Zudem könnten Kasernen als Stauraum für Zwischenlagerung und Portionierung der Geldmengen dienen.

Der Bund müsse, zweitens, qua Gesetz eine „zeitliche Entzerrung“ der Bargeldumstellung gewährleisten. Das heißt: Die Kreditinistitute sollen nicht erst im letzten Moment, nämlich zum Jahreswechsel 2001/2002 mit Euro ausgestattet werden, sondern bereits ab 1. September 2001. Sonst werden viele Banken in den letzten Dezembertagen 2001 schon allein mit den Kontoumstellungen völlig überfordert sein: „Für eine Million Kontoumstellungen braucht ein Computer 12 bis 14 Stunden reine Rechnerzeit. Die größeren Institute haben aber rund vier Millionen Kunden“, so Arnold.

Vor zwei Wochen habe die Europäische Zentralbank (EZB) darüber hinaus einen Beschluss gefaßt, der gegen eine frühe Euro-Ausstattung wirke: Alle Banken müssen das vor dem 1. Januar 2002 an sie gelieferte Geld gegen Diebstahl versichern. Das führt laut Arnold zu Prämien von bis zu 40.000 Mark pro Filiale. Falls die EZB ihren Beschluss nicht zurücknehme, müsse der Staat für diese zusätzlichen Kosten aufkommen, fordert der Bankenverband. Schließlich sei die Währungsumstellung seine „hoheitliche Pflicht“. Und die Kreditinstiute trügen ohnehin den Mammutanteil der Kosten für die Euro-Umstellung – je Filiale rund 139.000 Mark. Das mag zwar stimmen – doch werden die Banken ihre Ausgaben erfahrungsgemäß an die Kunden weitergeben. KATHARINA KOUFEN

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