: Landunter auf St. Pauli
Messe-Eröffnung und Sommerdom: AnwohnerInnen befürchten fürs Wochenende den „Katastrophenfall“ Parksuchverkehr ■ Von Peter Ahrens
Es wird ein Wochenende, an dem es wieder so weit ist: Das, was Ingolf Goritz von der Verkehrsinitiative Karoviertel „den Katastrophenfall“ nennt. Der Sommerdom auf dem Heiligengeistfeld geht in seine Schlussphase, gleichzeitig hat die große VerbraucherInnenmesse „Du und deine Welt“ geöffnet. Das heißt: Mehrere Zehntausend Menschen werden sich heute und morgen Parkplätze für ihre Autos suchen – und dabei auch das angrenzende Karo- und Schanzenviertel verstopfen. Eine Situation, so ist die Sorge bei den BewohnerInnen der beiden Viertel, die sich noch massiv zuspitzen wird, wenn die Erweiterung der Messe kommt.
„Heute und morgen haben wir Landunter“, sagt Goritz. Mindes-tens 200.000 BesucherInnen werden bei „Du und deine Welt“ erwartet. Wenn dann noch ein Heimspiel des FC St.Pauli mit knapp 20.000 Leuten dazu kommt, geht in den Nachbarvierteln gar nichts mehr. „Einfahrten, Überwege, Rad- und Fußwege werden rücksichtslos zugeparkt, so dass oft nicht einmal Platz für Rettungsfahrzeuge bleibt“, beklagt die Verkehrsinitiative.
Sie sieht Wirtschaftsbehörde und Messe in der Pflicht, bei der geplanten Erweiterung ein Verkehrskonzept vorzulegen, das Karo und Schanze vom Parksuchverkehr befreit. Allerdings ist Goritz skeptisch. „Wir haben die eindeutige Befürchtung, dass wieder voll auf den motorisierten Verkehr gesetzt wird“, sagt er. Zwar gebe es gerade in der Stadtentwicklungsbehörde „sehr viel Verständnis für unsere Ängste“. Aber: „Im Vordergund steht für den Senat das Ziel der Messe-Erweiterung am alten Standort. Dem wird alles andere untergeordnet.“
Scharf kritisiert Goritz vor allem die Baubehörde, die sich bei den bisherigen Planungen komplett hinter dem Wirtschaftssenator versteckt habe. „Da tut sich nur ein großes schwarzes Loch auf.“ Man verspüre von Seiten der Behörde „keinerlei Bereitschaft, auf die mit einer erweiterten Messe verbundenen Verkehrsprobleme einzugehen“.
Der Sprecher des Wirtschaftsbehörde, Bernd Meyer, verteidigt: Die Wirtschaftsbehörde habe nun mal die Federführung beim Thema Messe, in Verkehrsfragen werde jedoch „selbstverständlich“ Bau- und Verkehrssenator Eugen Wagner (SPD) hinzugezogen. Zudem sei es ja auch möglich, dass eine Messe-Erweiterung Karo- und Schanzenviertel verkehrsmäßig ent- und nicht belas-te. Meyer räumte aber gleichzeitig ein, natürlich werde die Erweiterung auch dazu führen, dass mehr Verkehr angelockt wird.
Die Pläne des Senates, das Parkplatzdilemma mit dem Bau von Tiefgaragen unter der Glacischaussee zu entschärfen, werden von der Verkehrsinitiative jedenfalls abgelehnt. „Die Lösung kann nicht die komplette Unterkellerung von St. Pauli sein“, sagt Goritz. Für ihn liegen die Schwierigkeiten ohnehin viel tiefer. „Ich glaube, die Messe kann ihre strukturellen Probleme am alten Standort nicht lösen.“
Die Standortentscheidung allerdings, die hat der Senat schon gefällt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen