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Türkei will Israel Wasser verkaufen

Ein Wasserdeal zwischen den beiden Ländern stößt auf Ablehnung bei den arabischen Ländern, insbesondere bei Syrien. Die Türkei betrachtet Wasser als einen normalen Rohstoff, der wie jeder andere auch kommerzialisiert werden dürfe

aus Istanbul JÜRGEN GOTTSCHLICH

Erstmals weltweit will jetzt ein Land in großem Umfang Wasser in einem anderen Land kaufen. Im Rahmen eines Staatsbesuchs in der Türkei hat Israels Ministerpräsident Barak gestern noch einmal sein Interesse an türkischen Wasserlieferungen unterstrichen. Expertenkommissionen beider Seiten haben sich bereits Ende Juni im Prinzip geeinigt, jetzt fehlt nur noch die letzte Unterschrift.

Die Türkei ist das mit Abstand wasserreichste Land am östlichen Mittelmeer. Sie kontrolliert nicht nur den Oberlauf der beiden größten mesopotamischen Ströme Euphrat und Tigris, sondern hat auch etliche sehr wasserreiche Flüsse, die vom Taurusgebirge ins Mittelmeer fließen.

An einem dieser Flüsse, dem Manavgat, der 50 Kilometer östlich der Touristenmetropole Antalya ins Mittelmeer fließt, hat die türkische Regierung eine Anlage bauen lassen, mit der Wasser auf Tankschiffe gepumpt werden kann. Vergleichbar den Offshore-Terminals, an denen im Persischen Golf Öltanker Kilometer vor der Küste beladen werden, können am Manavgat seit Ende letzten Jahres gleichzeitig zwei Tanker mit einem Fassungsvermögen von bis zu 250.000 Tonnen mit bestem Trinkwasser voll gepumpt werden.

Ende Juni überzeugte sich eine Expertengruppe aus Israel von der Funktionsfähigkeit der türkischen Anlage. Sobald die Politiker sich über den Preis geeinigt haben, soll es losgehen. Israel will erst einmal jährlich 50 Millionen Kubikmeter Wasser importieren. Die türkische Regierung ist mit der Vorstellung in die Verhandlungen gegangen, pro Kubikmeter 0,3 US-Dollar zu erzielen, was den Israelis zu teuer ist, weil dann der Kubikmeter einschließlich Transportkosten bei über einem halben Dollar liegen würde. Das entspricht ungefähr den Kosten, die entstehen, um Trinkwasser aus einer Meerwasserentsalzungsanlage zu gewinnen.

Das Entscheidende aber ist nicht der Preis, sondern der politische Präzedenzfall. Erstmals würde der Rohstoff Wasser zwischenstaatlich kommerziell gehandelt und Israel bei einem so unersetzlichen Stoff wie Wasser auf die Vertragstreue eines anderen Landes vertrauen. Neben der sowieso schon engen militärischen Kooperation zwischen der Türkei und Israel wird der Wasserdeal die beiden Länder noch enger zusammenführen. Entsprechend kritisch sehen die arabischen Länder den Handel. Syrien und der Irak drängen seit langem darauf, dass die Türkei die Durchflussmenge am Euphrat, die durch den Bau von Staudämmen und Bewässerungsanlagen in den letzten Jahren immer mehr reduziert wurde, wieder deutlich erhöht.

Zur Zeit lässt die Türkei im Monatsmittel 500 Kubikmeter pro Sekunde nach Syrien durch und behauptet, die Staudämme seien auch für Syrien von Vorteil, weil dadurch die Wassermenge im ganzen Jahr gleich bleibend garantiert werde. Die Syrer beklagen dagegen, dass die Wassermenge ihren Bedarf bei weitem nicht decke. Sie kritisieren scharf, dass die Türkei ihren Wasserreichtum jetzt kommerziell verwerten will.

Auf türkischer Seite stößt dieses Argument allerdings auf völliges Unverständnis. Für die türkische Politik ist Wasser ein Rohstoff wie Öl oder Gas – und so wie etliche arabische Staaten ihr Öl verkaufen, will die Türkei nun ihr Wasser in Gold verwandeln. Angesichts der Wasserknappheit am östlichen Mittelmeer wird diese Rechnung über kurz oder lang wohl auch aufgehen. Außer den Israelis waren bereits Delegationen aus Libyen, Jordanien und Saudi-Arabien am Manavgat, um sich vor Ort über die Möglichkeiten des Trinkwasserimports zu informieren.

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