piwik no script img

Die Charité-Leitung setzt auf Privatisierung

Wissenschaftsstaatssekretär schließt Teilprivatisierung der Uniklinik nicht aus, falls Senat am Investitionsstopp festhält. ÖTV warnt vor Stellenabbau

Die Charité-Leitung setzt offenbar auf eine Privatisierung des Bettenhochhauses am Campus Mitte. Für den Fall, dass der Senat an seinem Investitionsstopp für die Sanierung der Universitätsklinik festhält, dürfe es „keine Denkverbote“ geben, sagte Dekan Prof. Dr. Roland Felix.

Bereits vor vier Monaten haben sich interessierte Investoren bei der Klinikleitung gemeldet, darunter ein Schweizer Konsortium, erklärte gestern Charité-Sprecherin Kerstin Ullrich. „Es hat aber keine konkreten Verhandlungen gegeben. Das würden wir nie ohne die Zustimmung der Wissenschaftsverwaltung tun.“

Dort werden zwar Privatisierungspläne dementiert, doch Wissenschaftsstaatssekretär Josef Lange hatte eine solche Lösung am Mittwoch bei einer Personalversammlung der Klinik auch nicht ausgeschlossen. Falls es bei dem vom Senat beschlossenen Investitionsstopp bis 2004 bleibe, müsse über Alternativen nachgedacht werden, so Lange. Für die Sanierung der Charité hat der Senat 1996 insgesamt 800 Millionen Mark fest zugesagt. Bis 2004 sollte sie abgeschlossen sein. Doch nun sollen die noch ausstehenden 400 Millionen erst ab 2004 bereit gestellt werden. Am Dienstag fällt im Senat die Entscheidung über die Investitionsplanung 2002 bis 2004. Dies ist die letzte Chance, die Entscheidung noch teilweise zu korrigieren. Die Wissenschaftsverwaltung hofft, davor bei einem weiteren Spitzengespräch mit Finanzsenator Peter Kurth (CDU) zumindest die nötigsten Investitionen für die Charité lockermachen zu können. Dabei dürfte es vor allem um die Fertigstellung von Elektrik und Versorgungsleitungen gehen.

Die Charité-Sprecherin erläuterte, dass eine Teilprivatisierung der Klinik nach dem Vorbild des Krankenhauses Buch ablaufen könnte. Dort soll das medizinische Personal weiter der Universität zugeordnet bleiben, das Pflegepersonal soll aber der private Betreiber stellen. Dieser sei dann nicht an die Tarife des öffentlichen Dienstes gebunden, sprich: Er zahlt weniger Lohn. Ein konkretes Konzept für ein Privatisierung gebe es aber nicht.

ÖTV-Vize Ernst-Otto Kock warnte gestern vor den Folgen einer Teilprivatisierung der Uniklinik. Wenn ein privater Investor die gesamten Baukosten von 400 Millionen Mark tragen müsste, würden allein die Zinslasten für den Kredit jährlich 32 Millionen Mark betragen. Da dies nicht über den laufenden Betrieb finanziert werden könne, müssten dafür 400 Stellen abgebaut werden. DOROTHEE WINDEN

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen