Können Frauen das denn?

Und wie die das (Kabarett) können: Ein Beweis, geführt in Lisa Politts hochkarätiger „Frauenleistungsschau“  ■ Von Petra Schellen

Wenn Frauen Kabarett machen... kommt dann was wesentlich anderes raus, als wenn ihre männlichen Konkurrenten bzw. Kontrahenten es tun? „Frauen sehen die Welt selbstverständlich anders“, sagt Lisa Politt, Organisatorin und Leiterin der Frauenleistungsschau (12. bis 17. September); „und außerdem sind Frauen auf deutschen Kabarettbühnen unterrepräsentiert.“ Denn letztlich, findet sie, „leben wir immer noch im Patriarchat.“ Das sehe sie selbst zum Beispiel daran, dass sie immmer wieder gefragt werde, was sie als Frau auf der Kabarettbühne mache und ob Frauen diesen intellektuellen Höhenflügen überhaupt gewachsen seien. Oder daran, dass Rudi Carell verkünde, dass die Frauen dieser Welt grundsätzlich nicht komisch seien.

Ganz abgesehen davon, dass das vielleicht – so munkelt man – eher die Betroffenen selbst entscheiden können und nicht jene, die ihnen die Plätze neiden, findet sie doch „beweisenswert“, dass ein beträchtliches weibliches Kabarettistinnen-Potenzial existiert: 1996 fand die aus einem Hamburger Germanistik-Seminar erwachsene Frontfrauenrevue statt, auch 1997 und 1998 war das Resultat der zunehmenden Vernetzung der Kabarettistinnen auf Hamburger Bühnen zu begutachten; 1999 folgten einzelne Kabarettistinnen-Festivals auf Bühnen verschiedener Städte dieses unseres Landes. Aber das reicht Lisa Politt nicht: „Das Kabarett – und ich meine damit nicht die kalauernde Putzfrau – ist männlich dominiert, und wer dominiert, diktiert auch die Themen, über die gelacht wird.“

Und deshalb hat sie für dieses Jahr die „Frauenleistungsschau“ einberufen – nicht zufällig unter diesem provokanten Titel–, zu der Kabarettistinnen-Kapazitäten aus allen Himmelsrichtungen zusammenkommen werden. Dass sie, indem sie zu „beweisen“ sucht, was angezweifelt wird, Teil des Sys-tems ist, stört Lisa Politt nicht: „Wenn man das System konterkariert, muss man die Logistik des Gegners nutzen“, sagt die Kabarettistin, die ein dialektisches Verhältnis zum Titel der Veranstaltung hat.

Aber wer kommt denn nun alles; anhand welcher Kriterien hat Lisa Politt ihre Mitstreiterinnen ausgewählt? „Ich will Persönlichkeiten präsentieren, die sich abstrakt und intellektuell mit den gesellschaftlichen Strukturen auseinander setzen“, sagt sie.

Eine von ihnen ist Maren Kroymann, als Entertainerin und Kabarettistin aus TV- und Liveauftritten bekannt, die zwar „bloß“ die Abschlussgala der „Frauenleistungsschau“ moderiert, aber deren Schirmherrschaft übernommen hat und wahrscheinlich sehr wohl die eine oder andere typische Männergeste imitieren wird.

Den Eröffnungsabend werden – die Zeit teilen sie sich natürlich schwesterlich und treten immer brav hintereinander auf – Sybille Hein, Helga Siebert und Andrea Bongers bestreiten: Es lohnt sich nicht, den Freund mit Haut und Haaren zu verschlingen – und auch nicht, vor Selbstmitleid in Krokodils- und allerlei andere Tiertränen auszubrechen, wenn frau in dieser Welt überleben will. Findet Sybille Hein.

Und Helga Siebert, die „mafiöse Gestalt“, die manche lieber von hinten als von vorn betrachten würden? Sie, die schon beim Berliner Satirefest und in Dieter Hildebrands „Scheibenwischer“ auftrat, rechnet gnadenlos ab mit den politischen Tagesereignissen, quält ihren Geliebten im Internet und lässt ihr Handy allerlei Boshaftigkeiten in die Welt hinausposaunen.

Gar nicht so gemein ist – so scheint es – die Schauspielerin und Schlagzeugerin Andrea Bongers, die die Musik- und Theatergruppe MäGäDäM gegründet hat und Programme mit Titeln wie „Per Anhalter durch die Galaxis – live“ präsentiert. Über die ach so zärtliche, ach so verletzende Liebe singt sie, über eiskalte und versöhnliche Anwandlungen, die eine(n) scheinbar immer wieder unvermittelt treffen, ohne dass man / frau auch nur das Geringste dagegen machen könnte. Zermürbende Szenen gibt es da in ihren Liedern, über aufregende Frauen, langweilige Männer, die mittelgroße und die klitzekleine Liebe.

Anderntags wird dann Petra Förster aus Freiburg zu erleben sein, die mal die zittrige Lehrerin mimt und dann wieder das überkandidelte Mütterken-Hilfloschen spielt, das sich nicht mal allein die Skistiefel ausziehen kann. Und dann gibt's natürlich noch die Oma mit den Senioren-Pampers, die das peinliche Material tunlichst im zahlenschloss-bewehrten Aktenkoffer transportiert, auf dass ihr auch ja niemand auf die Schliche komme; (hoffentlich kriegt die den dann im entscheidenden Moment überhaupt auf!).

Und Maren Brandl, die Chansoneuse, die 1998 den Prix Pantheon bekam? Teilt dem Publikum mit, dass es gefälligst diszipliziert zu lauschen und anschließend ergriffenst zu applaudieren hat, wenn schon keine sonstig qualifizierten Beiträge aus dem Zuschauerraum zu erwarten sind.

Sybille Hein, Helga Siebert, Andrea Bongers (Eröffnung): Dienstag; Petra Förster, Martina Brandl: Mittwoch. Jeweils 20 Uhr, Alma Hoppes Lustspielhaus