: Spanien bereitet „Lex ETA“ vor
In Zukunft sollen Ehrungen für gefallene Kämpfer der ETA strafbar sein. Und der Straßenkampf baskischer Jugendlicher soll nicht mehr unter das Jugendstrafrecht fallen. Die baskische Regierungspartei PNV spricht von bloßer „Effekthascherei“
aus Madrid REINER WANDLER
Die spanische Regierung möchte der politischen Gewalt im Baskenland mit einer Gesetzesverschärfung beikommen. Dazu soll das Jugendstrafrecht geändert und der Tatbestand der „Unterstützung einer terroristischen Vereinigung“ ausgeweitet werden.
Wird bisher nur als Unterstützer bestraft, wer „direkt zu einem Verbrechen anstiftet“, soll schon bald auch derjenige mit der Justiz zu tun bekommen, der „eine kriminelle Handlung für gut heißt oder verherrlicht“. Damit würden Ehrungen für gefallene Kämpfer der Separatistenorganisation ETA, Hochrufe auf ETA bei Demonstrationen oder Flugblätter, die den bewaffneten Kampf verteidigen, strafbar sein.
Außerdem möchte die Regierung in Madrid Delikte im Zusammenhang mit dem Straßenkampf radikaler baskischer Jugendlicher vom Jugendstrafrecht ausnehmen. Wer künftig einen Brandanschlag verübt, soll dafür mit 15 bis 20 Jahren statt mit bisher bis zu fünf Jahren bestraft werden. Die Zuständigkeit für solche Gewalttaten soll von den baskischen Provinzgerichten an die Audiencia Nacional nach Madrid wechseln. Dieser Nationale Gerichtshof ist nur für Bandenkriminalität und Terrorismus zuständig.
Die Vereinigungen der Richter und Staatsanwälte stehen dem Reformvorhaben aufgeschlossen gegenüber. Montserrat Comas, Sprecherin der fortschrittlichen Richter für die Demokratie, verlangt, dass nicht länger der „Eindruck der Straffreiheit“ bestehen darf, wenn es um die politische Gewalt Jugendlicher geht. „Wir sind für alles, was die Waffen des Rechtsstaates gegenüber dem Terrorismus stärkt, solange dabei die Verfassung respektiert wird“, stimmt auch ihr Kollege vom konservativen Richterverband, Santiago Martínez, dem Vorhaben der Regierung zu.
Doch genau hier liegt das Problem. Vor allem die Idee, bestimmte Straftaten vom Jugendstrafrecht auszunehmen, dürfte vom Verfassungsgericht kaum akzeptiert werden. „Solche Reformen sind sehr schwierig“, gestand Innenminister Jaime Mayor Oreja ein. Deshalb möchte er in der Strafrechtsreform einen breiten Konsens mit der Opposition erreichen. Das dürfte nicht leicht sein. „Effekthascherei“, nennt die im Baskenland regierende gemäßigt-nationalistische PNV das Reformprojekt. Und auch die Opposition hat Bedenken. Es sei zwar möglich, dass Gesetze verschärft werden müssten. „Doch zuvor gilt es, das bestehende Gesetz voll auszuschöpfen“, erklärte ein Sprecher der spanischen Sozialisten.
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