Merkel gegen Volksentscheide

Unterschiedliche Reaktionen auf die rot-grünen Pläne zu Plebisziten auf Bundesebene. Die FDP ist dafür

MAINZ ap ■ Die geplante Initiative der Bundesregierung zur Einführung von Volksentscheiden hat gestern ein geteiltes Echo ausgelöst. Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel sprach sich gegen Volksentscheide auf Bundesebene aus. Die FDP unterstützte dagegen die rot-grünen Pläne.

So sagte der FDP-Politiker Burkhard Hirsch gestern, er glaube, „dass wir nicht mehr darum herumkommen, Elemente der direkten Demokratie in die Verfassung einzuführen“.

Merkel sagte im ZDF-Morgenmagazin, sehr viele politische Fragen seien nicht mit einem einfachen Ja oder Nein zu beantworten. In der repräsentativen Demokratie müssten Sachfragen von der Politik diskutiert und vom Parlament entschieden werden. Sie sei überzeugt, dass viele Entscheidungen der Bundesregierung, wie etwa der Beitritt zur Nato, nicht gefallen wären, wenn nicht „ganz hart gesagt worden wäre, wir überzeugen und zeigen, was politische Führung ist“.

Die Meinung der Bürger falle später oft ganz anders aus als zum Zeitpunkt der Entscheidung, sagte die CDU-Chefin. Den Vorschlag der Grünen, eine Liste mit für Volksentscheiden geeigneten Themen anzulegen, nannte Merkel „abwegig“.

Anders die FDP: Der frühere NRW-Innenminister Hirsch sagte im WDR, die Politik müsse aufhören, den Bürger als unmündig zu betrachten. „Das Argument ‚Das verstehen die Leute nicht‘, das ist ein ganz bequemes Tabu, mit dem man sich der Notwendigkeit und Verpflichtung entzieht, der Bevölkerung klar zu machen, welche Konsequenzen die ein oder andere politische Entscheidung hat.“ Die Bürger müssten die Möglichkeit erhalten, an politischen Grundentscheidungen mitzuwirken.

Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, erneuerte seine Forderung, Volksentscheide „auch zu emotionsgeladenen Themen“ zu ermöglichen. Er stellte gestern allerdings klar, damit seien nicht Abstimmungen über Themen gemeint, die die Grundrechte tangierten.

Die Initiative „Mehr Demokratie in Deutschland“ erklärte, direkte Demokratie sei nicht auf Ja-Nein-Entscheidungen zu reduzieren, sondern biete ausreichende Möglichkeiten der Kompromissfindung. „Das von uns vorgeschlagene dreistufige Verfahren mit Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid ermöglicht schon im Vorfeld Kompromisse“, sagte der Sprecher der Initiative, Tim Weber. Volksbegehren stießen Diskussionen über die Lösung politischer Probleme an, so dass am Ende oft gar kein Volksentscheid mehr nötig sei.