piwik no script img

RECHTSRADIKALE SEKTE IN USA ZU HOHEM SCHADENERSATZ VERURTEILTKein Modell für Deutschland

Viele Kämpfer gegen rechts halten das Zivilrecht für ein effizientes und elegantes Mittel der politischen Auseinandersetzung. Die Nazis werden einfach in den Bankrott getrieben, so die Vorstellung, dann hat der Spuk ein Ende. Neue Nahrung erhalten solche Ideen durch das Urteil eines Gerichts in Idaho. 6,3 Millionen Dollar muss die rechtsextreme Sekte „Aryan Nation“ bezahlen, weil zwei ihrer Mitglieder eine Frau und deren Sohn zusammengeschlagen haben. Vermutlich muss die Organisation nun ihr Anwesen in Idaho verkaufen.

Solche Urteile sind allerdings nicht auf Deutschland übertragbar. Hauptunterschied ist zunächst, dass die Schadenersatzsummen in den USA ungleich höher liegen als in Deutschland. Während bei uns Schadenersatz wirklich nur den Schaden ersetzt, soll er in den USA oft noch abschreckende Wirkung haben. Angesichts der millionenschweren Exzesse des US-Systems, an denen vor allem die Anwälte verdienen, ist nicht damit zu rechnen, dass solche punitive damages auch in Deutschland eingeführt werden. Und eine Beschränkung auf Fälle mit rechtsradikalem Bezug ist in einem Rechtsstaat nicht möglich.

Außerdem ist die Zurechnung einer Gewalttat zu einer bestimmten Organisation nicht immer so leicht möglich wie in Idaho. Dort waren die Täter als Wachen vor dem Sektengelände eingesetzt. Sie waren also im Auftrag der Aryan Nation tätig. Doch welches NPD-Mitglied mordet und prügelt schon im Dienste der Partei? Nach dem deutschen Zivilrecht wäre eine Haftung nur möglich, wenn ein Funktionär „in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen“ andere schädigt.

Kurt Biedenkopf will deshalb rechte Parteien schon für Taten haften lassen, zu denen sie „ermutigt“ haben. Doch was heißt hier Ermutigung, wie soll sich dieser Begriff sinnvoll eingrenzen lassen? Zu Recht hat sich die Linke vor Jahren dagegen gewehrt, dass schon die Beschäftigung mit „anschlagsrelevanten Themen“ kriminalisiert wird. Solche Konstrukte sollten nun nicht hoffähig gemacht werden, nur weil sie (zur Zeit) gegen Rechte eingesetzt werden könnten. CHRISTIAN RATH

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen