: „Cityboden ist sauer“
Manfred Renger, Professor für Bodenkunde an der Technischen Universität, empfiehlt die Berliner Böden nur für die entsprechenden Kulturpflanzen
Interview RALPH BOLLMANN
taz: Mit welchen Böden haben wir es in Berlin zu tun?
Manfred Renger: Die Unterschiede sind beträchtlich. Man muss unterscheiden, ob sie anthropogen entstanden sind . . .
. . . also von Menschenhand . . .
. . . oder ob es sich um natürliche Böden handelt, die vor allem durch die Eiszeiten geprägt sind.
Wo sind die Böden im Stadtgebiet am fruchtbarsten?
Im südlichen Teil, also in Lichterfelde oder Rudow. Diese tonreicheren Böden wurden als erste für die Landwirtschaft genutzt. Das sind Böden, auf denen auch Weizen wachsen könnte – also anspruchsvollere Kulturarten.
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Detlef Dzembritzki hat in seinem Reinickendorfer Wahlkreis Erde eingesammelt. Wie sieht es dort aus?
Im Bezirk Reinickendorf gibt es vor allem sandige Substrate. Ist genügend Grundwasser vorhanden, gehören diese Gebiete ebenfalls zu den besseren Standorten. Wenn das Grundwasser aber tiefer als drei bis vier Meter unter Gelände ansteht, dann ist eine Wasserversorgung auch der Bäume über das Grundwasser nicht mehr gegeben.
In der Innenstadt gibt es aber nur wenig natürlichen Boden.
Richtig, dort überwiegt Trümmerschutt oder Bauschutt. Das sind recht trockene Standorte, an denen die Feuchtigkeit schnell versickert. Den Pflanzen steht also wenig Wasser zur Verfügung. Außerdem ist der Gehalt an Schwermetallen relativ hoch. Sie sind im Moment noch gebunden, weil der Boden recht sauer ist. Bei hohen pH-Werten werden die Schwermetalle nicht gelöst. Sie gelangen also nicht ins Grundwasser und können von der Pflanze nicht aufgenommen werden. Aber man muss in Zukunft darauf achten, dass dieser hohe pH-Wert erhalten bleibt – dass also immer genug Kalk vorhanden ist, damit die Schwermetalle nicht in das Grundwasser oder in die Pflanzen gelangen können.
Wenn Sie selbst eine neue Grünanlage anzulegen hätten: Würden Sie Erde aus Berlin benutzen?
Natürlich gibt es wertvollere Böden, etwa in der Magdeburger oder Hildesheimer Börde. Aber der Transport ist ein Kostenfaktor. Wenn man die entsprechenden Kulturarten anpflanzt, kann man auch mit dem Berliner Boden leben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen