: Nachgetreten unterhalb der Gürtellinie
Man stelle sich vor, der Präsident des Rechnungshofes würde den Bremer Finanzsenator öffentlich einen halbseidenen Falsch-Spieler nennen. Die Entgleisung würde zurückgewiesen und der Rechnungshof müsste sich entschuldigen.
Wenn der Finanzsenator die Mitarbeiter des Rechnungshof, die sein Finanzgebaren für das Parlament kritisch unter die Lupe nehmen sollen, „Quakdübel“ nennt, dann fordert niemand aus der großen Koalition eine Entschuldigung.
Der Rechnungshof muss das schweigend hinnehmen. Er hat nicht einmal die Chance, zu antworten: Als Behörde steht ihm die politische Auseinandersetzung mit Parteien oder Regierungsmitgliedern nicht zu. Der Finanzsenator vergreift sich öffentlich an einem, der sich öffentlich nicht wehren kann.
Der sachliche Hintergrund dieser Stilfrage erklärt die Verbitterung: Der Rechnungshof bezweifelt die Effektivität der bremischen Sanierungs-Investitionen. Dem Senat lag der Entwurf der kritischen Passagen vor, er hatte Gelegenheit, zu antworten. In seinem Bericht hat der Rechnungshof dargestellt, warum die Antworten des Senats für ihn nicht überzeugend waren. Jeder kann das nachlesen.
Das ist peinlich. Das erklärt, warum der Finanzsenator es nötig hat, gegen den Rechnungshof unterhalb er Gürtellinie nachzutreten. Im nächsten Jahr – im neuen Rechnungshofbericht – wird man sehen, wie großen Erfolg derartige politische Einschüchterungsversuche haben. Klaus Wolschner
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