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Mit erhobenem Haupt

Österreichs Regierung zeigt tiefe Befriedigung über die Aufhebung der EU-Sanktionen. Auch die Opposition sucht Gründe, zufrieden zu sein

WIEN taz ■ Er war deutlich bemüht, keinen überschäumenden Jubel an den Tag zu legen, doch dass er die offizielle Absetzung der EU-Maßnahmen als Sieg seiner Beharrlichkeit feierte, war Bundeskanzler Wolfgang Schüssel wohl anzumerken. Die Aufhebung sei bedingungslos und unverzüglich erfolgt. Alle Versuche mancher Regierungschefs, die diplomatische Herabstufung der Beziehungen zu Österreich vorläufig nur zu suspendieren oder eine Frist zu setzen, seien gescheitert.

Die Passage, wonach die EU-14 über die Natur der FPÖ weiterhin besorgt seien und daher Wachsamkeit üben wollen, spielte der Kanzler herunter: „Wir sind kein Entwicklungsland in Sachen Demokratie. Wir haben selbst funktionierende Kontrollmechanismen.“ Noch weniger berührt vom anhaltenden Misstrauen gegenüber ihrer Partei gab sich Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer: Wachsamkeit sei in der Politik immer wichtig.

Für Bundespräsident Thomas Klestil, der das Kommuniqué „mit Genugtuung“ zur Kenntnis nahm, ist der Zusatz über die FPÖ „entbehrlich, da wir funktionierende parlamentarische Strukturen haben sowie eine demokratische Parteienlandschaft“. Jörg Haider, der sich als Sieger fühlt, will jetzt „mit erhobenem Haupt gehen“, obwohl niemand bemerkt hat, dass er es demütig gesenkt hätte.

Erfreut zeigte sich auch die Opposition. SPÖ-Chef Gusenbauer fühlt sich in seiner „Kritik an der FPÖ bestätigt“. Grünen-Chef Alexander van der Bellen warnte Österreich und die Europäische Union, „sich aus dem Weisenrat nur die Rosinen herauszupicken“. Für alle gebe es darin reichlich Anstöße zum Nachdenken.

Franz Fischler, Österreichs Agrarkommissar in der EU-Kommission, hat sich dem entrüsteten Patriotismus aus Wien nie anschließen können, was ihn für die FPÖ zur verdächtigen Gestalt machte. Aus Brüssel hat er naturgemäß eine weitere Perspektive als die Kollegen in den österreichischen Niederungen. So findet er es „erfreulich für alle Österreicher, dass wir wieder zur Normalität zurückkehren können. Projekte gibt es ja genug. Ich denke da an die Osterweiterung. Da müssen wir was weiterbringen. Und da ist es eine Bedingung, dass wir eine erfolgreiche Regierungskonferenz zustande bringen.“

RALF LEONHARD

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