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Ohne Loch und Leichen

Der Tauchgang eines deutschen TV-Teams sollte die Gründe für den Untergang der „Estonia“ ans Licht bringen. Ein Sprengloch am Rumpf hat es jedoch nicht endeckt. Die Spekulationen gehen weiter

aus Stockholm REINHARD WOLFF

Im Fall der Bergung der 1994 gesunkenen Fähre „Estonia“ scheint es wieder neue Hinweise zu geben:

Nachdem der schwedische Privatsender TV 4 am Donnerstagabend eine einstündige Fernsehdokumentation über die bei der umstrittenen „Estonia“-Tauchaktion gemachten Filme ausgestrahlt hat, scheint vor allem eines bewiesen: Es gibt kein Sprengloch am Rumpf der vor sechs Jahren gesunkenen Fähre. Dort, wo die deutsche Filmemacherin Jutta Rabe ein Loch gesehen haben will, erkannten mehrere Schiffsbauexperten nichts als eine Vertiefung zwischen Schiffskörper und Meeresboden. „Diese Spekulation über ein Loch“, so Olle Rutgersson, Professor für Schiffsbautechnik an der Technischen Hochschule Stockholm, „ist mit den Filmen endgültig widerlegt.“

Rutgersson regte nun eine regierungsamtliche Filmaktion am „Estonia“-Rumpf an, um alle umlaufenden Konspirationstheorien aus der Welt zu schaffen: Die jetzige kommerzielle Filmaktion habe gezeigt, wie leicht es sei, Spekulationen zu wecken, und mit welch einfachen Mitteln diese auch widerlegt werden könnten.

Etwas, was offenbar auch für die von Jutta Rabe behaupteten und von ihr als „Skandal“ bewerteten „reihenweise“ auf dem Meeresboden liegenden Leichen gilt. Für diese scheint es nämlich keinerlei Filmbeweis zu geben. Es ist sogar nicht auszuschließen, dass diese „Leichen“ makabererweise nur dazu dienen sollten, vom Scheitern des eigentlichen Aktionsziels abzulenken.

Kamerascheuer Experte

Jetzt stellt die TV-Redakteurin Kajsa Stål die Glaubwürdigkeit von Jutta Rabe in Frage. Und damit ergibt sich ein weiterer Punkt, der als eigentliche Neuigkeit der TV-Dokumentation gelten kann. Das „TV 4“-Kamerateam, das als einziges neben Rabes eigenem Team zeitweilig an Bord des Tauchschiffs filmen durfte, fing dabei das Gesicht eines Mannes ein, der sich deutlich bemühte, gerade nicht ins Kamerafeld zu kommen.

Es gehörte Werner Hummel, einem von der Meyer-Werft angeheuerten Schiffsbauexperten, der in deren Auftrag ein „Gegengutachten“ zum offiziellen Havariebericht erstattet hat, in dem die Erbauerwerft der „Estonia“ von der Schuld am Untergang freigesprochen und just die Theorie eines Sprenglochs im Schiffsrumpf aufgestellt wird.

Hummel war unter dem Vorwand, eine Unterwasserkamera überbringen zu müssen, am letzten Tauchtag an Bord des Bemis-Tauchschiffs gekommen, und während seiner Anwesenheit wurde plötzlich das eine Woche lang vergeblich gesuchte „Loch“ entdeckt. Die Meyer-Werft, die großes Interesse an einer von der Schiffskonstruktion unabhängigen Katastrophenursache hat, hatte im Laufe der Jahre eine ganze Reihe unterschiedlicher Untergangstheorien in die Welt gesetzt.

Schwedische Medien fragten sich am Freitag, ob nun auch das Sponsern von Filmen zu diesen Weißwaschversuchen gehört. Das Stockholmer Aftonbladet spekuliert: „War die Meyer-Werft Sponsor und eigentlich der, der hinter der Tauchaktion stand?“ Die Antwort darauf ist ungewiss.

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