Optischer GAU

■ Geschmacklos bei Alma: Lisa Politt

Humanistin nannte sich Lisa Politt, als der Begriff Humanismus noch nicht zur Legitimation für einen Militäreinsatz geworden war: „Sonst denkt mein Gesprächspartner ja, er kriegt gleich eine Bombe auf den Kopf.“ Wenn Politt dazu gütig in die Runde lächelt, kommt das einem Schlüsselreiz gleich: Ab jetzt geifert das Publikum – in Alma Hopps Lustspielhaus – auf ihre nächsten Spitzen. Und die lassen nicht lange auf sich warten.

Immer wieder muss in dem Querschnitt durch die vergangenen 15 Jahre des Duos Herrchens Frauchen natürlich Partner Gunter Schmidt herhalten. Er hört artig auf Politts Pfiffe, kommt, wenn sie ihn ruft und fährt regelmäßig Schelte ein, wenn er sich zuviel dabei Zeit lässt, am Flügel Platz zu nehmen.

Aber auch Schmidts Sternstunde kommt. Da glänzt er dann in voller 80er Hardrock-Montur. Während Politt „Ich weiß, was ich will“ in die Tasten haut, verausgabt er sich mit dem Griff an die Fransenlederhose kurz unterhalb des Nietengürtels. Ein rotes Netzhemd und weiße Turnschuhe mit Klettverschluss machen die optische Katastrophe perfekt – genauso wie den Spaß angesichts dieses Mutes zur Geschmacklosigkeit.

Darauf ist Politt ohnehin abonniert: Hinreißend primitiv anstößig sind ihre Ausführungen darüber, wie sie den weiblichen Masochismus für sich entdeckt hat. Denn kein anderer als ihr Zahnarzt kann ihr was in „dies Loch“ machen – mit seinem Bohrer, versteht sich. Wie arg es bei so mancher um das Sortieren von Gefühlen bestellt ist, besingt Politt ebenfalls im ganz großen Bangles-Cover Eternal Flame: „Was brannte denn da noch gleich? Das Herz oder die Blase?“

An dieses göttliche Gefühl erinnert auch die andere Akteurin des Abends, Janice Perry. In ihrem Programm Holy Shit. Geschichten aus Himmel und Hölle findet sich natürlich auch eine über das Klo. Besonders hat Perry es jedoch auf die amerikanische Doppelmoral abgesehen – zum Beispiel bei der eine Familie 40 Knarren im Haus hat.

Obwohl Perry ihr gepflegtes Amerikanisch mit für alle verständlichen Hinweisen wie „my 50-year-old Popo“ spickt, begeistert sie das Publikum am meisten mit ihrer unvergleichlichen Mimik. Und natürlich mit ihrer Garderobe. Perrys schillernde Paillettenkostüme lassen ganz vergessen, dass man im Lustspielhaus sitzt und nicht im Hallenbad. Liv Heidbüchel