: Blood & Honour bei Demo im Norden
Neonazis marschieren durch Neumünster. Polizei nimmt über hundert Gegendemonstranten vorübergehend fest
HAMBURG taz ■ Ausnahmezustand in Neumünster: 1.300 Polizisten, 800 Antifaschisten und 450 Neonazis beherrschten am Samstag das Straßenbild in der schleswig-holsteinischen Stadt. Nach vereinzelten Flaschenwürfen wurden 101 Personen vor allem aus dem autonomen Spektrum in rabiaten Polizeieinsätzen vorübergehend festgenommen. Gegen 17 von ihnen wurden Verfahren wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt eingeleitet, verletzt wurde niemand.
Nach Informationen der taz waren die Polizisten angewiesen worden, gezielt gegen „gewaltbereite Antifaschisten“ aus Hamburg vorzugehen. Auf einer „mindestens zweiseitigen Liste“ des Bundeskriminalamtes seien „mindestens 40 Leute namentlich“ aufgeführt gewesen. Gegen sie sollte mit Platzverweisen oder Ingewahrsamnahmen vorgegangen werden. Die Leitzentrale der Polizei wollte dazu „keinen Kommentar“ abgeben.
Auf einer Kundgebung des „Bündnisses gegen Rechts“ in der Innenstadt, zu der zahlreiche Parteien und Organisationen aufgerufen hatten, forderte die schleswig-holsteinische Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD): „Kein Fußbreit den Faschisten“. Simonis sagte, von Neumünster müsse „das Signal ausgehen, dass Rechtsextremismus und Gewalt in der Gesellschaft keinen Platz haben“.
Neumünster gilt seit langem als rechte Hochburg. Vor kurzem verfügte der Stadtrat die Schließung des „Club 88“ (Neonazi-Pseudonym für „Club Heil Hitler“), der eine zentrale Rolle in der rechten Szene in Norddeutschland spielt. Aufgrund einer einstweiligen Verfügung ist diese Schließung aber noch nicht rechtskräftig.
Deshalb konnten mehrere hundert Neonazis und Skinheads am Samstagabend dort auch unbehelligt feiern. Sie hatten nach der Kundgebung des Bündnisses ebenfalls in der Innenstadt für den Erhalt des „Club 88“ demonstriert. Anmelder war der Hamburger Neonazi Christian Worch. Anwesend, wenn auch nur im Hintergrund, war Sascha Bothe aus dem niedersächsischen Tostedt. Bothe gilt als führender Kader des am Donnerstag von Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) verbotenen militanten Nazi-Netzwerks „Blood & Honour“. SVEN-MICHAEL VEIT
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