Deutsche Milch schwappt bald nach Osteuropa

Weltmilchgipfel in Dresden: Die Molkereien sind im Zeitalter der Globalisierung angekommen. Neue Märkte bieten Polen, China und Thailand

DRESDEN taz ■ Die Globalisierung hat auch die Milchwirtschaft erreicht. Das sagte gestern Jerome Kozak, Präsident des Internationalen Milchwirtschaftsverbandes IDF, am Rande des Weltmilchgipfels in Dresden. Der Aufsichtsratsvorsitzende der Centralen Marketing-Gesellschaft der Deutschen Agrarwirtschaft (CMA), Wendelin Ruf, sagte, er sehe für die deutschen Milcherzeuger große Exportchancen in China, Thailand und Indonesien. Sein Verband werde sich im kommenden Sommer intensiv um diese Länder kümmern, um Türen für Trockenmilch, Butter und Käse aus Deutschland zu öffnen. In den reichen Industrieländern herrsche Überproduktion – verstärkte Exportbemühungen sowie Auslandsinvestitionen der Molkereikonzerne in den Wachstumsmärkten der Zukunft sind die Antwort.

Die deutsche Milchwirtschaft blickt auch nach Osteuropa. Während in der Bundesrepublik der Milchkonsum stagniert und immer mehr Bauern die Milchproduktion aufgeben, rechnen Marktexperten hier mit einer stark wachsenden Nachfrage nach Molkereiprodukten.

Tanja Jaksch, Polen-Expertin der CMA, sagte der taz, die Molkereikonzerne der Europäischen Union (EU) werden in den nächsten Jahren die Macht auf dem polnischen Markt übernehmen. Die kleinbäuerlichen Strukturen verschwänden. Derzeit gebe es bei unserem östlichen Nachbarn etwa so viele Bauern wie in der gesamten EU – weit über eine Million. 80 Prozent von ihnen hielten Kühe – allerdings nur ein bis zwei Tiere pro Hof. Das größte Problem der polnischen Milchwirtschaft sei das niedrige technische Niveau. Die Folge: Kaum ein Bauer und kaum eine polnische Molkerei erfüllen die hohen Qualitäts- und Hygienestandards, die in der Europäischen Union gelten. Von den 180 polnischen Molkereien besäßen nur 13 die Zulassung, in die EU zu liefern.

Die hohen Investitionen, die nötig seien, um die EU-Standards zu erreichen, könnten kaum von den einheimischen Betrieben bezahlt werden – in diese Lücke könnten nun westeuropäische Milchkonzerne und Molkereien springen.

In der Bundesrepublik gab es 1999 rund 4,6 Millionen Kühe. Sie lieferten 28,4 Millionen Tonnen Milch – also rund 5,9 Tonnen pro Tier. 94 Prozent der Milch wurde in Molkereien verarbeitet. Während in Österreich und der Schweiz Biomilchprodukte zum festen Warenbestand in den Regalen der Supermärkte gehören, finden sie in Deutschland fast nur in Bioläden Käufer.

Ruf sagte, nach Umfragen des CMA würden 20 bis 30 Prozent der Deutschen Biomilchprodukte bevorzugen, wenn sie im normalen Supermarkt im Angebot wären – in der Praxis griffen sie jedoch überall da, wo die Bioware angeboten werde, doch zu den billigeren Produkten. Biomilchprodukte müssten stärker „gebündelt“ angeboten werden, solle ihr Absatz in den Supermärkten wachsen, sagte Ruf.