: Beim Zahlen sind alle gleich
Berlin ist Hauptstadt der Zweitwohungsteuer-Muffel. Bundestagsverwaltung will Sonderrechte für Abgeordnete. Doch Finanzsenator Kurth lässt keine Extrawürste zu
Finanzsenator Peter Kurth (CDU) hat nicht nur Ärger mit Bundestagsabgeordneten, die sich weigern, Steuern für ihren Zweitwohnsitz zu zahlen. Auch mehrere tausend „Normalbürger“, die in Berlin eine zweite Wohnung unterhalten, sind für den Zeitraum von 1998 bis 2000 ihrer Steuerpflicht nicht nachgekommen. Von den 25.000 ermittelten Zweitwohnungsteuerpflichtigen stehen nach Angaben der Finanzverwaltung rund 16.000 noch im „Soll“. Offen dabei ist, wie viele der Betroffenen ihre Steuererklärung noch nicht eingereicht, Bescheide und Mahnungen ignoriert, Rückstände nicht gezahlt haben und wie viele Verfahren noch geprüft werden müssen. Erfasst, so ein Sprecher der Oberfinanzdirektion, seien derzeit rund „tausend echte Fälle“ mit Rückständen bei der Zweitwohnungsteuer.
Wie zu Beginn der Woche bekannt wurde, haben rund zwanzig Abgeordnete des Bundestages, darunter Heiner Geißler (CDU), Bernd Portzner (CSU) und Matthias Berninger (Grüne), ihren Berliner Zweitwohnsitz nicht angemeldet. Die Bundestagsverwaltung will prüfen lassen, ob die seit 1. Januar 1998 geltende Steuer (5 Prozent der Nettokaltmiete) mit dem verfassungsrechtlichen Status der Bundestagsabgeordneten überhaupt vereinbar ist.
1999 hat das Land 5,5 Millionen Mark an Zweitwohnungsteuern einnehmen können – viel weniger als geplant. Die frühere Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing hatte die Steuer eingeführt. Eigentliches Ziel war es aber, Zweitwohnungsnutzer dazu zu bringen, ihren Erstwohnsitz in Berlin anzumelden. Das würde die Steuereinnahmen des Landes zweifach steigern: Denn Berliner versteuern hier Einkommen in der Stadt. Und das Land erhält für mehr Einwohner mehr Mittel aus dem Länderfinanzausgleich.
Klaus Dittko, Sprecher von Finanzsenator Kurth, verwahrte sich gestern gegen den Vorwurf, das Land messe bei der Sache mit zweierlei Maß. Weder gebe es im Falle der Abgeordneten „gesonderte Auswertungen“, noch würden sie in irgendeiner Weise „bevorzugt behandelt“. Das Finanzamt ziehe die Bundestagsabgeordneten wie „jeden Normalbürger“ zur Zahlung heran.
Zugleich lehnte Dittko den besonderen verfassungsrechtlichen Status der Parlamentarier ab. Das Land habe, wie andere Stadtstaaten auch, Anspruch auf die Zweitwohnungsteuer. Außerdem seien in der Kostenpauschale der Abgeordneten die Mehraufwendungen berücksichtigt, so Dittko zur taz. Für 2000 rechnet die Finanzverwaltung mit Zweitwohnungsteuereinnahmen in Höhe von 12 Millionen Mark. rola
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen