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Energie beschäftigt die EU

Verkehrsminister einigen sich nicht auf gemeinsame Strategie gegen Lkw-Blockaden. EU-Kommission machtlos gegen die Steuersenkungen. Zwiespalt bei erneuerbarer Energie: Förderung gewünscht, aber gefährliche Richtlinie in Vorbereitung

aus Brüssel DANIELA WEINGÄRTNER

Nicht nur auf Europas Straßen, auch in den politischen Gremien der Union steht das Thema Energie diese Woche ganz oben auf der Tagesordnung. Während die Verkehrsminister aus Angst vor neuen Lasterblockaden ihren Rat von Brüssel nach Luxemburg verlegen mussten und eine Nacht lang vergeblich nach einer gemeinsamen Strategie suchten, wurde in Brüssel im Energieausschuss des Parlaments und bei der wöchentlichen Sitzung der EU-Kommission genau das verlangt: eine europaweit abgestimmte Strategie gegen die Energieprobleme.

Einig sind sich theoretisch alle: Erneuerbare Energien müssen gefördert, der Umstieg von der Straße auf die Schiene muss mit allen politischen Instrumenten vorangetrieben werden. Tatsächlich aber sind die bisherigen Bemühungen wirkungslos geblieben: Von 1980 bis 1999 hat sich der Anteil des Straßentransports am Güterverkehr von 50 auf 85 Prozent erhöht.

In ihrer Nachtsitzung machten die Verkehrsminister deutlich, dass ihnen der politische Wille fehlt, die verfahrene Situation zu lösen. Statt soziale Mindestbedingungen für Fahrer, einheitliche Straßenbenutzungsgebühren, angeglichene Kfz-Steuern und harmonisierte Dieselsteuern zu vereinbaren, sucht jeder seinen eigenen Weg, um die wütenden Spediteure zu Hause zu besänftigen. Während sich vor knapp zwei Wochen die europäischen Finanzminister unter französischem Vorsitz darüber einig waren, die Mineralösteuern nicht zu senken, teilten die Franzosen ihren verblüfften Kollegen am Mittwoch mit, sie hätten nun doch eine Reduzierung um 15 Prozent beschlossen. Auch Italien hat seinen Truckern eine Steuersenkung zugesagt.

Es gehört zu den kaum vermittelbaren Widersprüchen der EU-Politik, dass dieser offensichtlich kontraproduktive Weg vor Korrekturen aus Brüssel sicher ist: Solange die Länderminister die europaweit vereinbarten Mindestsätze für Mineralösteuer nicht unterschreiten, kann die EU-Kommission die Steuerentlastung nicht blockieren. Belgien und Spanien setzen dagegen wie Deutschland auf spezielle Kompensationspakete für Speditionen. Hier wird Wettbewerbskommissar Monti prüfen, ob die Maßnahme den europäischen Wettbewerb verzerrt.

Die lediglich auf Marktgesetze geeichte Brüsseler Optik führt in der ganzen Energiediskussion zu ähnlich absurden Ergebnissen wie diesem. Das Europaparlament drängt mehrheitlich auf die Förderung erneuerbarer Energien, und die Kommission hat tatsächlich einen entsprechenden Richtlinienentwurf vorgelegt. Wettbewerbskommissar Monti bastelt jedoch gleichzeitig an einem Gemeinschaftsrahmen, der umweltfreundliche nationale Einspeisegesetze bedroht. Nach Überzeugung von Fachleuten hätte zum Beispiel das deutsche Einspeisegesetz, das die erneuerbaren Energien stärken soll, vor den neuen Regeln aus Brüssel keinen Bestand.

Beim EU-Umweltschutz sind die Durchsetzungsmöglichkeiten viel schwächer als bei den Binnenmarktregeln. Angesichts dieser Situation ist es ein bezeichnendes Detail, dass die Energie-Kommissarin Loyola de Palacio am Dienstag angekündigt hat, die Programme Safe und Altener einzustellen. Safe betreut Energiesparprojekte, und Altenerkonzentriert sich auf erneuerbare Energien. Da die Kommission Personal einsparen soll, muss nun jedes Ressort diejenigen Bereiche benennen, die ihm am ehesten entbehrlich scheinen. De Palacio hat aus ihrer Sicht eine gute Wahl getroffen. Denn sie ist eine glühende Befürworterin der Atomenergie.

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