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Hilfe, wir werden gerettet! Teil 2: Ungarn

Der IWF wälzte das Land wirtschaftlich um. Um den Strukturwandel transparent zu machen, werden Bürger beteiligt

PRAG taz ■ Ungarn trat 1982 dem IWF bei, um eine Finanzkrise zu vermeiden, und erhielt von da an über die nächsten 15 Jahre immer wieder Kredite. Als Bedingungen dafür lockerte das Land die Importbestimmungen, kürzte Subventionen, wertete die Währung ab, privatisierte Unternehmen und gab die Preise frei: das klassische Programm der IWF-Konditionen.

Obwohl die Ausgangslage nach dem Systemwechsel besser war als anderen Ländern, waren die Kosten der Anpassung hoch. Nach einer Untersuchung von Karoly Lorant vom Ecostat-Institut für Wirtschaftsanalyse in Budapest, sank der Reallohn um ein Viertel, die Industrieproduktion schrumpfte, der Handel mit Nachbarstaaten stagnierte. Die landwirtschaftliche Produktion brach zusammen, ein Drittel der Arbeitsplätze sind weg. Besonders die Gruppe der Roma litt unter den IWF-Auflagen: Karoly Lorant schätzt die Arbeitslosenquote auf 50 Prozent.

Lorants Analysen sind Bestandteil des internationalen Netzwerkes zur Überprüfung von Strukturanpassungen (Sapri). Es wird von der Weltbank mitgetragen und sieht Bürgerbeteiligungen vor. Deshalb versammeln sich regelmäßig Arbeitsgruppen aus Rentnern, Jugendlichen, NGOs und Gewerkschaften, um die Liberalisierung zu analysieren. „Viele verstehen nicht, warum und wie lange sich die Lebensverhältnisse noch verschlechtern. Sapri gibt ihnen die Möglichkeit, ihre Meinungen zu äußern, und die Hoffnung, dass die Regierung anders mit den ‚Verlierern‘ der Liberalisierung umgeht“, schreibt Lorant.

Nicht alle sind einverstanden mit diesem Prozess. Die NGO-Vertreterin Ada Amon verließ die Diskussion, weil es ihr zwar als einer Koordinatorin des Gesamtprozesses erlaubt war, inoffizielle Dokumente von IWF und Weltbank zu lesen, nicht aber, darüber zu sprechen. MRA

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