: Wirtschaft gegen Fremdenfeindlichkeit
BDI-Chef Hans-Olaf Henkel will Umerziehung rechter Jugendlicher während der Ausbildung in den Betrieben
BERLIN taz ■ Hans-Olaf Henkel will auch rechtsgesinnten Jugendlichen einen Ausbildungsplatz geben. Die Praxis einiger Betriebe, rechts orientierte Jugendliche nicht einzustellen, will der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) seinen Mitgliedern nicht empfehlen. BDI-Geschäftsführer Ludolf von Wartenberg hatte am Samstag noch gefordert, Rechtsextremen in den Betrieben zu kündigen. Henkel hielt gestern gegenüber der taz dagegen: „Gerade bei der Begegnung mit anderen Menschen in den Betrieben könnten die Jugendlichen ihre Meinung ändern.“
Henkel sagte, die Unternehmen hätten in der Gesellschaft eine Vorbildfunktion. „Bis heute hat es keine Beispiele von Gewalt gegen Ausländer in deutschen Unternehmen gegeben“, behauptete er auf dem BDI-Symposium „gegen Fremdenfeindlichkeit und Radikalismus“. Er forderte die Regierung auf, mehr Geld in die Ursachenforschung fremdenfeindlicher Gewalt zu stecken. „Wir sollten erst mal feststellen, woran die Gesellschaft eigentlich krankt.“ Gleichzeitig kritisierte er die CDU in ihrem Umgang mit dem Thema Zuwanderung. „Der Populismus der Opposition gefällt uns nicht“, sagte Henkel.
Einig war sich Henkel mit dem Präsidenten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Klaus Zimmermann. Beide betonten, dass Zuwanderung für Deutschland unverzichtbar sei, um wettbewerbsfähig zu bleiben. „Der Rückgang der einheimischen Erwerbspersonen ist unaufhaltsam“, sagte Zimmermann auf dem BDI-Symposium. In Zukunft brauche man Ausländer auch in sozialen Berufen, ergänzte der BDI-Präsident.
Ob die anhaltende Gewalt gegen Ausländer der deutschen Wirtschaft bisher geschadet habe, mochte Zimmermann nicht beurteilen. Das geringe Interesse an der Green Card habe jedenfalls verschiedene Gründe. „Die hohe Steuerlast, das nur befristete Aufenthaltsangebot sowie die Sprachbarriere spielen hier eine Rolle“, urteilte Zimmermann.
Während die Wirtschaftsmänner Henkel und Zimmermann den Schulterschluss übten, beklagten Politiker das sinkende Interesse der Bevölkerung am Thema Fremdenfeindlichkeit. Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye bedauerte, dass die Benzinpreise für viele inzwischen wichtiger seien als der Kampf gegen Ausländerhass. Die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, Marieluise Beck, kritisierte, dass trotz zahlreicher Initiativen bei der Jugendarbeit in den Kommunen gekürzt werde. RALF GEISSLER
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