Aktenberge im Jugendamt

■ 1117 Vorgänge pro Sachbearbeiterin: In Hamburgs Bezirken müssen Eltern monatelang auf Kita-Bewilligungen warten

Eimsbütteler Eltern müssen bis zu fünf Monate auf die Bewilligung eines Kita-Platzes warten. Darauf weist die Jugendamtsleiterin Monika Samtleben in einer Pressemitteilung hin und bittet um „Verständnis und Geduld“. Eltern sollten bitte nicht mehr anrufen und fragen, wie es um ihren Fall stehe. Um die Aktenberge schneller abarbeiten zu können, wird die montagliche Telefonsprechstunde vorerst eingestellt.

„Die Eltern haben den Platz und auch den Vertrag unterschrieben“, erläutert Eimsbüttels Kita-Koordinatorin Claudia Sydow. Sie wüssten nur nicht, wieviel sie zahlen müssen. Käme der Bewilligungsbescheid dann im November oder Dezember ins Haus, wären unter Umständen Rückzahlungen fällig.

Ein Kita-Platz muss einmal jährlich neu bewilligt werden. Seit dem 1. August werden in den Kita-Sachgebieten der Bezirke auch die Beiträge für Halbtagskindergärten berechnet (taz berichtete). In Eimsbüttel sitzt eine Sachbearbeiterin vor 1750 Akten von Familien, deren Einkommen sie überprüfen muss. Es sei zwar, so Sydow, eine weitere Kollegin für ein halbes Jahr befristet eingestellt. „Bis die eingearbeitet ist, dauert es aber.“

Auch die übrigen Sachbearbeiter haben gut zu tun. Im Schnitt, so Sydow, gäbe es 1117 Anträge pro Stelle. Und da das neue Kindertagesbetreuungsförderungsgesetz auch bei Ganztagsplätzen „zu leichten bis erheblichen Verschiebungen“ führt, müsse auch dort alles neu berechnet werden.

Insgesamt, so Sydow, sei die Lage für alle Beteiligten unbefriedigend: „Die Einrichtungen wissen nicht, wieviel Geld sie bekommen. Die Eltern sind verunsichert. Und bei uns klingelt 95 Mal am Tag das Telefon, weil Eltern fragen, ob alles in Ordung ist.“ Auch den Protest gegen erhöhte Beiträge bekämen die Mitarbeiter zu spüren. „Wir müssen das rechtfertigen. Das macht sehr viel Arbeit.“

Nicht nur Eimsbüttel, auch andere Bezirke haben mit Aktenbergen zu kämpfen. In Wandsbek bearbeiten zwei Personen 3800 Akten für Halbtagsplätze und pädagogischen Mittagstisch. Es käme zu „Rückständen von drei Monaten“, berichtet der dortige Kita-Abteilungsleiter Albert Fütterer.

Auch bei Heimleitungen sorgen diese Zustände für Unmut: „Die Stadt suggeriert den Eltern, dass Kinder nicht ohne Bewilligung in eine Kita dürfen“, sagt beispielsweise Annette Krogh von der Rahlstedter Kita Scharbeutzer Straße. Die langen Wartezeiten setzten Familien „unnötig unter Stress“.

Kaija Kutter