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Auch Filz knatscht mächtig

PUA Filz: Heftige Auseinandersetzungen über die Ehegatten-Affäre von Ex-Senatorin Fischer-Menzel bei Abschlussberatungen  ■ Von Sven-Michael Veit

Der Knatsch kam nicht unerwartet. Mit heftigen Auseinandersetzungen zwischen der CDU-Opposition und der SPD begann gestern Abend der Parlamentarische Untersuchungsausschuss (PUA) Filz die abschließenden Beratungen über seinen Bericht. Bereits beim ersten Tagesordnungspunkt, der „Ehegatten-Affäre“ der früheren Sozialsenatorin Helgrit Fischer-Menzel (SPD), prallten die unterschiedlichen Auffassungen aufeinander.

In einem zwanzigminütigen Wortgefecht wurden „Nettigkeiten“, so PUA-Vorsitzender Günter Frank (SPD), ausgetauscht. Antje Blumenthal, CDU-Obfrau im Gremium, hatte den Sozialdemokraten vorgeworfen, „SPD-kritischen Formulierungen ausweichen“ zu wollen. Als Beispiel zitierte sie einen Antrag der Sozialdemokraten, die Formulierung „chaotische Aktenführung“ in der Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales (BAGS) in „unzureichende Aktenführung“ zu ändern. Ein Antrag, den der Ausschuss später mit rot-grüner Mehrheit annahm.

Da aber hatte Frank die Kritik der Opposition bereits als „vollkommen unsachlich“ zurückgewiesen: „Die Wahrheit haben sie auch nicht auf ihrer Seite“, belehrte er die Union, der er versuchten Missbrauch des PUA für den Wahlkampf unterstellte. Er bedauere „zutiefst, dass sie nicht zu konstruktiver Zusammenarbeit bereit sind“.

Mit satten 101 Änderungsanträgen versuchten die Kontrahenten, den Wortlaut des vorliegenden vertraulichen Berichtsentwurfs in ihrem Sinne zu verändern. Die Abstimmungen über diese Anträge, welche ebenfalls als vertraulich behandelt und den Medien nicht zur Verfügung gestellt wurden, verliefen nach gewohnten parlamentarischen Mustern. Die rot-grüne Mehrheit (acht von 13 Sitzen) lehnte fast alle CDU-Anträge ab und beschloss ihre eigenen. „Das haben wir in der Koalition so besprochen“, bekannte Frank freimütig. Schulterzuckend verließ daraufhin der Regenbogen-Abgeordnete Norbert Hackbusch die Sitzung, in der er zuvor meist mit der Union gestimmt hatte.

Helgrit Fischer-Menzel hatte die Ursache für die Einsetzung des PUA vor zweieinhalb Jahren geliefert. Sie war am 1. März jenes Jahres zurückgetreten, nachdem tags zuvor die taz hamburg ihre „Ehegatten-Affäre“ aufgedeckt hatte. Fischer-Menzel, die seitdem Hinterbänklerin in der SPD-Bürgerschaftsfraktion ist, hatte 1997 dafür gesorgt, dass die Alida-Schmidt-Stiftung einen millionenschweren Auftrag der BAGS erhielt. Geschäftsführer der Stiftung war und ist ihr Gatte Peter Fischer. Das für die Projektvergabe zuständige Fachamt hatte nach Intervention der Senatorin seine bereits erteilte Zusage an einen anderen Bewerber widerrufen.

In ihren Aussagen vor dem PUA habe Fischer-Menzel, so der Berichts-Entwurf, „nicht immer einen glaubwürdigen Eindruck gemacht“. Ihr aktives Eingreifen in das Vergabeverfahren sei ein schwerwiegender Fehler gewesen. Es hätten Interessenkollisionen durch „Überschneidungen zwischen dem privaten und dienstlichen Bereich der Senatorin“ vorgelegen.

Auch BAGS-Amtsleiterin Elisabeth Lingner wird in dem Berichts-Entwurf heftig kritisiert. Sie war als oberste Dienstvorgesetzte des betreffenden Fachamtes an dem Verfahren veranwortlich beteiligt gewesen. Ihr „Führungs- und Entscheidungsverhalten“ zeichne sich durch das Fehlen jeglicher „konzeptionellen und zielführenden Problemlösungsstrategie“ aus, so das Fazit im PUA-Bericht.

Die Sitzung wurde nach Redaktionsschluss fortgesetzt.

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