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Doch noch Chancen für „Tanz Bremen“?

■ Die Festivalveranstalter hoffen auf Sponsoren. Die Kulturinitiative „Anstoß“ sagt Hilfe zu und meldet sich mit Kritik an Radio Bremen und den Musicalmillionen zurück

Ist das das neue Radio Bremen? Am Sonntag, 1. Oktober, lädt der Sender in seiner Reihe „Bremen 2000 plus“ zu einer Diskussion zum Thema „Bremen und (s)ein Musical“. Live in Henry's Bar im Musicaltheater treten vier direkt an „Jekyll & Hyde“ Beteiligte sowie zwei auswärtige Gäste auf – namentlich der Professor für Kulturmanagement, Klaus Siebenhaar, und der Vorsitzende der Gesellschaft für unterhaltende Bühnenkunst, Wolfgang Jansen. Kritische Töne sind da kaum zu erwarten. So sehen es jedenfalls die beiden SprecherInnen der Kulturinitiative „Anstoß“, Katrin Rabus und Klaus Pierwoß. „Das wird eine Jubelsendung“, sagte Rabus gestern bei einer Pressekonferenz, mit der sich die Kulturinitiative nach einer langen Sommerpause wieder zurückmeldete. Und Pierwoß sattelte einen drauf: „Reine Gesundbeterei.“

Über das Musical regen sich die beiden Anstoß-SprecherInnen richtig auf. Genauer: Sie ärgern sich über die Schnelligkeit, mit der das Musical über die Förderung hinaus mal eben eine Rettungsbeihilfe in Höhe von acht Millionen Mark bekommt. „Eigentlich“, sagt Katrin Rabus, „ist das Theater eine Bereicherung für Bremen. Aber angesichts dieser Verhältnisse ist jede Kürzung bei einer anderen Einrichtung ein Skandal.“

Skandale in diesem Sinne gibt es. Gerade eben sind die VeranstalterInnen des Festivals „Tanz Bremen“ zwischen die Stühle der Förderinstitutionen gefallen. Völlig überraschend kam nach Bekunden der OrganisatorInnen die Absage der Bremen Marketing Gesellschaft BMG, die das Festival seit drei Jahren unterstützt hat. Die Kulturdeputation konnte oder wollte so kurzfristig nicht einspringen. Jetzt fehlen 230.000 Mark, um das einzige und selbst von Bürgermeister Henning Scherf (SPD) gelobte Bremer Festival mit hochkarätigen Tanzgastspielen im März 2001 doch noch stattfinden zu lassen. Sponsoren haben nach Angaben der künstlerischen Leiterin Susanne Schlicher Hilfe zusagt. Und die Sprecherin der Kulturdeputation, Carmen Emigholz (SPD), stellt wenigstens einen 50.000-Mark-Zuschuss in Aussicht, wenn der Verein „Tanz Bremen“ 200.000 Mark Sponsorengelder zusätzlich auftreibt.

Zurzeit rechnet fast in jeder Bremer Kultureinrichtung jemand aus, wie viel Kultur sie für diese acht Millionen Mark Rettungsbeihilfe für „Jekyll & Hyde“ liefern könnte. Die Argumente für diese Musical-Millionen gelten laut Katrin Rabus nämlich auch für viele Kultureinrichtungen: Sie schaffen Arbeitsplätze und haben überregionale Ausstrahlung. Deshalb fordert sie vor der Sitzung der Wirtschaftsförderungsausschüsse, die am 5. Oktober noch einen Teilbetrag für „Jekyll & Hyde“ bewilligen müssen, einen Anteil von zehn Prozent der Liquiditätshilfe für Kulturprojekte. Die würden für das Geld erheblich mehr leisten können, sagt Rabus.

Noch vor Weihnachten will „Anstoß“ übrigens Kulturschaffende aus Nordwestdeutschland nach Bremen einladen. Bei dieser Veranstaltung wollen die Beteiligten ihre Ansprüche an die neue Kultur- und Informationswelle „Nordwest Radio“ formulieren, die voraussichtlich im Juni 2001 das bisherige Kulturprogramm Radio Bremen 2 ersetzen soll. ck

Die Sendung „Bremen 2000 plus“ ist am Sonntag, 1. Oktober, um 11 Uhr auf Radio Bremen 2 und 3 sowie live in Henry's Bar im Musicaltheater am Richtweg zu hören. Wer etwas für das Festival „Tanz Bremen“ übrig hat, kann Kontakt unter Tel.:  76 876 aufnehmen.

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