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Das neue Bremen nur „anonyme Klötze“?

■ Aus „Respekt vorm Dom“ darf das Siemens-Hochhaus nicht aufgestockt werden, sagt das Stadtplanungsamt / Architekt Klumpp will damit dem Blickfang das „moderne Bremen“ in die City holen

An der Diskussion um den geplanten Aufbau auf dem Siemens-Hochhaus scheiden sich derzeit stadtplanerisch die Geister. Sechs Stockwerke hoch, so will es Architekt Thomas Klumpp im Auftrag des neuen Besitzers der Immobilie, der Baufirma Zech. Die SPD-Fraktion hatte Architekten und Politiker darüber zu einer öffentlichen Debatte gebeten.

Für Klumpp geht es um Grundsätzliches: Bisher wird das neue Bremen „isoliert draußen vor der Stadt“ gebaut. Klumpp warf ein großes Foto von der Flughafen-Allee an die Wand. „Tot“ sei es da, selbst mittags kein Mensch auf der Straße, „ohne Leben“, die Trasse der Straßenbahn-Gleise funktioniert als „Barriere“ zum Gegenüber. „Anonyme Klötze“ seien da entstanden, „Sparbauten“. Das andere Ende der Stadt, die sich als „Raumfahrt-Zentrum“ lobt und stolz auf die Hightech-Leistungen der Universität ist, leidet unter dem selben städtebaulichen Fehler: Der „Technologiepark“ ist eine Büro-Vorstadt ohne Leben, wo bislang nicht einmal eine Kneipe entstand, weil die Menschen von hier fliehen.

Bremens oberster Stadtplaner Detlef Kniemeyer, Leiter des Planungsamtes, widersprach: Die Airport City sei „auch vom Städtebau her eine großartige Leistung“.

„Multimedia drängt in die Innenstadt“, meinte Klumpp, und dabei geht es ihm auch um etwas Symbolisches: „Am Bahnhof kommt man an.“ Dort sei das Portal der Stadt, Bremen brauche „mehr Mut, mehr Kraft“. Ginge es nach seinem Plan, würde man, aus dem Bahnhof heraustretend, direkt auf das 100 Meter hohe Siemens-Gebäude gucken. Die sechs Etagen des elliptischen Aufbaues auf dem Hochhaus hätten Glasfassaden. Auch kleinere Büros könnten dort residieren oder ein Hotel, so der Architekt. Das Ganze soll ein Café in 100 Meter Höhe krönen, in einer Kuppel aus Glas mit Blick über die ganze Stadt.

Für den Stadtplaner Kniemeyer wäre das der Sündenfall. Auch an der Theodor-Heuss-Allee seien Hochhäuser nicht gestattet, der „Maßstab der Stadt“ seien sechs Geschosse, maximal. Es gehe um den „Respekt vor dem historischen Grundriss“, „Respekt vor der Liebfrauenkirche, dem Dom“, letztlich um die „Silhouette der Stadt“. Das böse Wort von der „Horizontverschmutzung“ wiederholte er selbst nicht, aber es stand im Raum.

Der Streit der Planer betrifft auch die Gestaltung „ganz unten“. Klumpp zeigte ein Foto vom Eingangsbereich des Siemens-Hochhauses: Versteckt hinter Sex-Shops liegt in einer dunklen Ecke der Eingang – weil darüber ein einzelnes Geschoss mit Eternit-Fassade gebaut wurde. „Abreißen“ müsse man das hässliche Ding eigentlich, sagte Klumpp. Aber das gehe leider nicht, weil das Planungsamt, das ins Siemens-Haus einziehen soll, hier seine Plankammer einrichten wolle. War das städtebaulich-ästhetische Problem dem Leiter des Planungsamtes nicht aufgefallen? Er ging auf die Provokation nicht ein, dementierte aber auch nicht. Die Kontrahenten kennen sich: Architekt Klumpp hat für Zech das Universum geplant und im Leiter des Planungsamtes mehr Widerstand als Unterstützung gefunden.

Ob das Siemens-Haus am Bahnhof zum Blickfang für das moderne Bremen aufgestockt werden kann, hängt nicht nur davon ab, ob sich entsprechend solvente Mieter für die teure Lage ganz oben finden. Das Bauressort hat in einem Vermerk klargestellt, dass der alte Bebauungsplan nicht mehr als die bisher 16 Geschosse erlaube, die Rechtsgrundlage müsste also von der Bürgerschaft erst geschaffen werden. Der Bauherr Kurt Zech und die CDU sehen das baurechtlich anders, der SPD-Baupolitiker Carsten Sieling ist aber dafür: erstens für die Aufstockung des Siemens-Hochhauses und zweitens dafür, dass die Stadt über die Änderung des Bebauungsplans ihr offizielles Ja-Wort dazu gibt. K.W.

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