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DIE EU KANN DIE SERBISCHE OPPOSITION NICHT UNTERSTÜTZENLeere Hände, hohle Worte

Im vergangenen Jahr griffen Deutschland, die USA und weitere Nato-Staaten zum äußersten verfügbaren Mittel, um dem jugoslawischen Präsidenten Milošević und seinen Truppen Einhalt zu gebieten: zu Bomben, zur bewaffneten Intervention. Jetzt, da die Herrschaft des Belgrader Despoten durch eine friedliche demokratische Wahl beendet werden konnte, wirken die europäischen Mächte seltsam hilflos. Wählt ihn ab, rief die EU den jugoslawischen Wählern zu, und ihr seid die lästigen und schmerzhaften Sanktionen los! Wählt ihn ab, und auch ihr profitiert vom Stabilitätspakt!

Die Botschaft wurde wohl gehört, aber das von Milošević’ Wahlkommission vorgelegte Ergebnis entsprach präzise den politischen Bedürfnissen des Amtsinhabers – es fiel so aus, dass die Opposition möglichst geschwächt wird. Der Westen protestierte und rief Koštunica zum Wahlsieger aus, doch es half nichts. Gleichzeitig sind die Beweise für Wahlbetrug zu offensichtlich, um einen zweiten Wahlgang zu akzeptieren.

Wie konnte man den Willen der Jugoslawen nun gegen Milošević durchsetzen? Putin solle in Belgrad vermitteln, fiel den Herren in Paris, Berlin und London ein. Sie erinnerten sich bestimmt daran, wie Tschernomyrdin und der Finne Marti Ahtisaari im vergangenen Jahr in Belgrad das Wunder vollbrachten, Milošević auf ein Ende des Kosovo-Krieges zu verpflichten. Diesmal konnte Milošević das Vermittlungsangebot brüsk zurückweisen, außerdem weiß er, wie weit die Positionen der vermeintlich gegen ihn Verbündeten auseinander liegen: In Washington heißt es schlicht, Milošević müsse abtreten und basta; in Moskau ist man willens, das Ergebnis des ersten Wahlgangs zu akzeptieren.

Ein Lockmittel bleibt der internationalen Gemeinschaft: Sie könnte Milošević anbieten, die gegen ihn erhobene Anklage vor dem Haager Kriegsverbrechertribunal fallen zu lassen und ihm damit den Weg ins Exil zu eröffnen. Doch das würde das von den Vereinten Nationen eingerichtete, bislang von der Politik unabhängige Tribunal der Lächerlichkeit preisgeben. Milošević’ ausländische Gegner können nur zuschauen und der Opposition die Daumen drücken. STEFAN SCHAAF

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