Putin will als Mittler dienen

Koštunica nimmt Einladung des sowjetischen Präsidenten nach Moskau an, doch Slobodan Milošević lässt bislang offen, ob auch mit seinem Kommen zu rechnen ist

MOSKAU taz ■ Der serbische Oppositionsführer Vojislav Koštunica ist bereit, zu Vermittlungsgesprächen nach Russland zu reisen. Der serbische Oppositionsführer nahm gestern eine Einladung Präsident Wladimir Putins an. Ob auch Slobodan Milošević der Einladung folgt, ist indes fraglich. Letzte Woche wies das Regime in Belgrad den russischen Vorschlag, Außenminister Iwanow als Vermittler auf den Balkan zu schicken, noch als „fehl am Platze“ zurück. Der serbische Botschafter in Moskau, Miloše- vić’ Bruder Borislaw, dämpfte neue Hoffnungen: „Die Möglichkeit besteht“, meinte Borislaw Milošević’zu den Chancen einer Milošević-Reise, „Konkretes kann ich jedoch nicht sagen.“ Offensichtlich spielt Belgrad auf Zeit.

Findet der zweite Wahlgang wie geplant am 8. Oktober statt, bleibt nicht viel Zeit für Verhandlungen, da Putin erst am Freitag aus Indien zurückkehrt. Dabei hinterlässt er den Eindruck, als sei ihm die Angelegenheit eher lästig. Nichts erinnert an die Verve, mit der sich der Kreml noch im Kosovo-Konflikt einzubringen versuchte.

So sind es eher die Erwartungen der internationalen Gemeinschaft, die man nicht enttäuschen möchte. Um das eigene diplomatische Gewicht als Großmacht zu wahren, bleibt Moskau nichts anderes übrig, als im gegenwärtigen Konflikt aktiv zu werden.

Auch im Kreml ist man inzwischen zu der Einsicht gelangt, die Zeit des serbischen Tyrannen sei abgelaufen. Gleichwohl herrschen noch keine klaren Vorstellungen darüber, wie es auf dem Balkan nach dem Ende des Regimes weitergehen soll. Das erklärt die ambivalente und übervorsichtige Haltung, die Moskau seit dem ersten Wahlgang an den Tag legt. So relativiert die Einladung an Milošević jene eindeutige Position, die Bundeskanzler Schröder vergangene Woche nach seinem Gespräch mit Putin verkündet hatte.

Vojislav Koštunica selbst brachte die schwankende Haltung Moskaus auf den Punkt: Der Vorschlag zu vermitteln zeige, „dass die Russen keine klare Meinung dazu haben, was im Land passiert“. Erst mache der Kreml einen Schritt nach vorn, dann wieder einen zurück – wohl auch ein Hinweis darauf, dass es in Moskau wenig Gewissheit gibt, was es von einem Präsidenten Koštunica zu erwarten hätte.

KLAUS-HELGE DONATH