: Endlich „Ruhe auf dem Balkan“?
betr.: „Der nationale Zyniker“, taz vom 29. 9. 00, „Eine Frage der Ehre“ (Kommentar R. Rossig), taz vom 26. 9. 00
In der deutschen Berichterstattung über den Wahlkampf in Belgrad herrscht recht einstimmig die Meinung, Koštunica müsse die Macht übernehmen und endlich wäre „Ruhe auf dem Balkan“. Zwar weist einzig Rüdiger Rossig auf die nationalistischen Töne Koštunicas hin, dennoch kommt zum Ausgleich Andrej Ivanji ausreichend zu Wort, der sich wahrscheinlich auch als richtiger Oppositioneller begreift.
Sein Bericht über die neuesten Wandlungen Šešeljs ist eine horrende Verharmlosung und Beschwichtigung. Nicht nur dass Vojislav Šešelj einfach als zwar etwas radikaler, aber sonst ganz harmloser Politiker Serbiens dargestellt wird. Auch Koštunica wird als „ehrliche Haut“ beschrieben, der sich eigentlich vor Leuten wie Šešelj „ekelt“.
Vojislav Šešelj war bereits im kommunistischen Jugoslawien im Gefängnis und hat während der Kriege in Kroatien und Bosnien – von Ivanji verharmlosend als „Bürgerkrieg“ dargestellt – die zirka 5.000 Mann starke Četnici organisiert und geleitet. Die Kriegsverbrechen dieser Gruppe konnten taz-LeserInnen dank der Berichterstattung Erich Rathfelders in der taz immer wieder verfolgen. Diese Seite Šešeljs hat Ivanji anscheinend genauso „vergessen“ wie die Tatsache, dass Koštunica vor dem Krieg zu jenem Dunstkreis gehörte, in dem das berüchtigte Memorandum der Sanu entstanden ist, in dem bereits 1986 die Serben als bedrohtes Volk dargestellt werden, welches im Kosovo einen Genozid erleiden muss. Die Politik Milošević’ – und die Koštunicas genauso – baut auf dem Nationalismus dieses Memorandums auf: bis heute! DUBRAVKO DOLIC, Oldenburg
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen