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EZB erhöht die Zinsen

Leitzins liegt jetzt bei 4,75 Prozent. Schritt kam unerwartet. Begründung: Inflationsrisiko wegen des schwachen Euro und der hohen Ölpreise

BERLIN/FRANKFURT taz/dpa ■ Völlig überraschend hat die Europäische Zentralbank (EZB) gestern die drei Leitzinsen erhöht. Der Schlüsselzins betrage nun 4,75 Prozent, teilt der EZB-Rat nach seiner Sitzung in Frankfurt mit. Dieser wichtigste Zins gilt für die reguläre, alle zwei Wochen stattfindende Geldversorgung der Geschäftsbanken bei ihrer nationalen Zentralbank. Er legt also fest, wie teuer Geld ist, und wird damit auch, mit zeitlicher Verzögerung, an die Bankkunden weitergegeben.

Auch die beiden anderen Leitzinsen wurden um ein viertel Prozent erhöht: Der Satz für kurzfristige Kredite, mit denen sich die Banken „über Nacht“ Geld leihen können, stieg auf 5,75 Prozent. Der Satz für kurzfristige Geldeinlagen bei der Zentralbank, der der niedrigste der drei Zinssätze ist, liegt nun bei 3,75 Prozent.

An den Finanzmärkten hatten die meisten Händler zunächst noch mit unveränderten Zinsen gerechnet, wie Umfragen ergeben hatten. Die Zinsanhebung war die siebte seit November 1999, als der Schlüsselzins noch bei 2,5 Prozent lag. Damit liegt die Differenz zu den höheren US-Zinsen nur noch bei 1,75 Prozent.

EZB-Chef Wim Duisenberg begründete die Geldverteuerung damit, dass die EZB „einen permanenten Inflationstrend“ im Euroraum verhindern wolle. Denn mit 2,3 Prozent im August liegt die Inflationsrate über dem Ziel von zwei Prozent, das im Vertrag von Maastricht festgelegt wurde. Indirekt soll auch dem Euro geholfen werden: Vor allem dessen niedriger Kurs sowie die rasant gestiegenen Ölpreise trieben die Inflation an, sagte Duisenberg. Das habe allgemeine Ängste geweckt, die Konjunkturdynamik könne abebben. Der Zinsbeschluss diene daher auch der Sicherung von Wachstum und Beschäftigung.

Die Märkte reagierten gelassen auf die höheren Zinsen. Der Euro stieg nur gering von 87,3 auf 87,8 Cent. Zustimmung erhielt die EZB vom Chefsvolkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter. Er bezeichnet den Zinsschritt als „wünschenswert und richtig“. Der Bundesverband Öffentlicher Banken (VÖB) kritisierte hingegen die Straffung der geldpolitischen Zügel: „Sie könne eine „Stabilisierungsrezession“ auslösen, sagte VÖB-Volkswirtin Astrid Rohles. Zudem zeige der Inflationstrend bereits wieder nach unten. KK

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