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„Die hatten gedacht, wir würden weglaufen“

■ Am Samstag Nachmittag überfielen zehn Neonazis einen Informationsstand in Bramfeld

Samstag Nachmittag in Hamburg-Bramfeld. Zehn Neonazis stürmen in der Herthastraße auf einen Informationsstand zu, bewaffnet mit Stahlruten und Holzknüppeln. Doch bis zu dem von der Bürgerschaftsgruppe Regenbogen in Zusammenarbeit mit antifaschistischen BürgerInnen durchgeführten Stand kommen sie nicht. „Wir haben uns ihnen entgegengestellt“, erzählt ein Augenzeuge, „als sie uns angriffen, haben wir zurückgeschlagen“. Nach kurzen heftigen Auseinandersetzungen fliehen die Neonazis. „Die hatten wohl gedacht“, meint der Augenzeuge, „dass wir weglaufen würden.“ Als die Polizei kommt, ist alles vorbei.

Knapp eine Stunde zuvor hatten zwei Skinheads den Info-Stand ausgespäht, um ihre Kameraden per Handy einzuweisen. Sie sammelten sich auf dem Max-Bahr-Parkplatz, wo die zuvor in dem Baumarkt gekauften Holzknüppel verteilt wurden. Zwar hatten die Neonazis kein „Hamburger Sturm“-T-Shirt an, kamen aber wohl aus dem Umfeld der verbotenen Organisation. Trotz Verbots sind die führenden Kader des „Hamburger Sturm“ im rechten nordeutschen Netzwerk weiterhin ativ. Bei den Aufmärschen in Lübeck und Neumünster waren sie als Ordner tätig und auch den Club 88 im Neumünster unterstüzen sie immer noch.

„Es ist erschreckend, dass Neonazis jetzt auch in Hamburg organisiert Infostände angreifen“, sagte Norbert Hackbusch vom Regenbogen. Bereits vor zwei Wochen hatten die Veranstalter auf dem kleinen Platz einen Informationsstand gegen Rechts aufgebaut. „Es war eine bewusste Entscheidung, diesen Stand in Bramfeld auszurichten“, so Hackbusch, „wo eine hohe Nazi-Präsenz ist.“ Vor dem versuchten Angriff blieben viele Passanten an dem Stand stehen, um sich zu informieren und zu diskutieren. „Die gute Resonanz hat uns gefreut.“

Mittlerweile hat der Staatsschutz die Ermittlungen aufgenommen. „Wir suchen die Täter wegen Körperverletzung und Landfriedensbruch“, sagte ein Polizeisprecher. Bereits im Dezember 1999 versuchten Neonazis vom „Hamburger Sturm“ eine Diskussionsveranstaltung unter dem Motto „Neonazis in Bergedorf“ zu stürmen. Der DGB hatte Innensenator Hartmuth Wrocklage (SPD) und Polizeipräsident Justus Woydt (SPD) eingeladen, um über die Polizeimaßnahmen beim Neonazi-Aufmarsch am 10. Juli zu diskutieren. Kurz vor Beginn wolten 20 Rechte in den Veranstaltungsraum des Jugendzentrums Lola einzudringen. Auch damals stellten sich ihnen AntifaschistInnen entgegen. Nach einer Schlägerei griff die anwesende Polizei ein und drängte die Neonazis aus den Räumen. Andreas Speit

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