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Rundefreunde: Hunde

Der Erste Bürgermeister besucht das Tierheim und ein Staffordshire-Welpe entgeht dem Zwinger  ■ Von Markus Scholz und Gernot Knödler

Die Polizei hatte den Besuch offenbar für brisanter gehalten, als er war. Zum Besuch des Ersten Bürgermeisters Ortwin Runde (SPD) bewachten gestern an die zwanzig PolizistInnen den Eingang zum Tierheim in der Süderstraße. BesucherInnen mussten sich durch den Fußgänger-Eingang neben dem großen Rolltor zwängen. Nur ein Häuflein TierschützerInnen hatte sich an dem sonnigen Sonntag Morgen versammelt, um gegen die Kampfhunde-Politik des Senats zu protestieren. Doch die meisten hatten es vorgezogen auszuschlafen, so dass Runde, der listigerweise mehr als zwanzig Minuten früher als angekündigt zum Termin erschienen war, unbehelligt ins Tierheim gelangte.

Anlässlich des Welt-Tierschutz-Tages am 4. Oktober hatte der Tierschutzverein von 1841 zum Tag der Offenen Tür in die Süderstraße eingeladen. Carlo von Tiedemann vom NDR moderierte das Show-Programm. Highlight: eine Podiumsdiskussion des Ersten Bürgermeisters mit Wolfgang Poggendorf, dem Geschäftsführer des Tierschutzvereins, zum Thema Kampfhunde-Verordnung, im Anschluss geführter Rundgang.

Runde gibt den Hunde-Liebhaber: „Ich bin praktizierender Tierfreund, aber das Leben kleiner Mitbürger liegt mir näher am Herzen“, sagt er in Anspielung auf den kleinen Volkan, der im Juni von einem Kampfhund totgebissen wurde. 15 Jahre lang habe er selbst einen Hund besessen, mit dem er „zum Schrecken der Jogger“ durch den Volksdorfer Wald spaziert sei.

Einzelne Zwischenrufer beschimpfen Runde als Hundemörder, doch der Bürgermeister hat keine Mühe fortzuplaudern – über die Hautprobleme, unter denen sein Hund zu leiden hatte, über die richtige Hunde-Ernährung und darüber, dass er wahrscheinlich im Frühjahr einen Schlittenhund bekommen wird: Einen Samojeden, den ihm ein norwegischer Züchter angeboten hat.

Für die Besitzer von Kampfhunden, denen jetzt 1200 Mark Hundesteuer drohen, hat der Bürgermeister einen tröstenden Rat: „Muss es überhaupt so ein Kampfhund sein?“, fragt er treuherzig. Zum Kuscheln könnten sich Tierfreunde doch auch einen Hund von einer anderen Rasse aussuchen. Später gibt er Autogramme und lässt auf dem Rundgang durchs Tierheim Fotos vom Bürgermeister mit Kaninchen machen. Inzwischen sind draußen vor dem Tor die Tierschützer aufgezogen. Sie sammeln Unterschriften. „Leinenzwang und Maulkorb für Poggendorf“ steht auf einem ihrer Transparente. Die Leute sind wütend auf den Tierheim-Chef, weil er bei der Umsetzung der Hundeverordnung mit dem Senat zusammenarbeitet.

Eine rundliche Frau mit einem winzigen Staffordshire-Terrier auf der Hand betritt die Szene: Sie habe ihn beim Spazierengehen im Park gefunden und wolle ihn jetzt abgeben. „Bitte, bitte nicht hier abgeben“, rufen die Tierschützer. Es gibt ein großes Powwow. Dann taucht ein Mann auf, der einen Hund mit Maulkorb an der Leine führt. Er wirft einen kurzen Kennerblick auf das Hündchen. „Na gut, dann nehm' ich ihn“, sagt er und zieht von dannen.

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