aufruhr im heiligen land
: Spiel mit dem Feuer

Ehud Barak schwingt die ganz große Keule – doch die droht ihn selbst zu treffen. Wenn der Aufstand in den palästinensischen Gebieten nicht bis heute Abend aufhöre, betrachte er den Friedenprozess als beendet, erklärte Israels Premier am Samstag.

Alles Rhetorik, mag man sagen. Schließlich kann es sich niemand leisten, den Friedensprozess wirklich dauerhaft abzubrechen. In einigen Tagen oder Wochen wird schon die US-amerikanische Außenministerin in die Region reisen und mit Geldbündeln winken bzw. mit dem Entzug bisheriger lebensnotwendiger Unterstützung drohen und so die verfeindeten Partner wieder an den Verhandlungstisch zwingen. Business as usual halt.

Kommentarvon THOMAS DREGER

Doch in den USA ist man mit einem innenpolitisch ausgerichteten Wahlkampf beschäftigt, während im Nahen Osten die Situation gänzlich außer Kontrolle zu geraten droht, weit über die Grenzen Israels und Palästinas hinaus. Angesichts der Bilder aus Palästina können es sich auch die wohlmeinendsten arabischen Herrscher nicht mehr leisten, von Frieden mit Israel zu sprechen – auch wenn sie den offiziell längst geschlossen haben. In dieser Situation sehen manche Herrscher eine Chance, wieder beachtet zu werden. Ein arabischer Gipfel zur Lage in Palästina müsse eine Kriegserklärung an Israel beschließen, wettert Libyens Muammar al-Gaddafi. Er brauche nur ein Stückchen Land an der Grenze zu Palästina, dann werde die irakische Armee Israel schon ausradieren, lamentiert Saddam Hussein. Solche Parolen – so absurd sie auch sind – kommen dank des israelischen Vorgehens gegen die Palästinenser in der arabischen und islamischen Welt wieder an.

Die These, dass die Juden ins Meer zu treiben seien, droht wieder die Lufthoheit über den Teetischen zu erlangen. Wie leicht die Lage eskalieren kann, zeigt die Entführung von drei israelischen Soldaten durch die Hisbullah. Die von Syrien unterstützte libanesische Schiitenmiliz hat damit eines der ungeschriebenen Gesetze im Konflikt mit Israel gebrochen. Die Krieger der „Partei Gottes“ wissen genau, dass es sich kein israelischer Regierungschef leisten kann, seine Soldaten im Stich zu lassen. Die Entführung der Soldaten ist eine Einladung für eine Wiederauflage der Operation „Früchte des Zorns“. Doch ein solcher Großangriff auf den Libanon hat mit Schimon Peres schon einmal einen friedenswilligen israelischen Regierungschef das Amt gekostet. Was folgte, war die Ära Netanjahu – der Friedensprozess war für drei Jahre unterbrochen.