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Wenig Toleranz

Beim Thema „Ausländer“ ist Deutschland machmal eine Stimmungsdemokratie, sagen Prominente und Politiker

BERLIN taz ■ „Sind die Deutschen ausländerfeindlich?“ Ulrich Arnswald vom European Institute for International Affairs hat diese Frage 49 Prominenten gestellt und aus ihren Antworten ein gleichnamiges Buch gemacht.

Nein, meint etwa der CSU-Politiker Michael Glos. „Deutschland ist ein ausländerfreundliches Land.“ Der Mitherausgeber des Buches, Heiner Geißler, forderte gestern anlässlich der Buchpräsentation in Berlin eine Rückkehr zur Political Correctness in der deutschen Sprache.

Einige Sprüche der Rechtsradikalen seien direkt oder indirekt in den offiziellen Sprachgebrauch übernommen worden. „Wer in einer Rede zur Einwanderungspolitik zwischen nützlichen und unnützlichen Ausländern unterscheidet, bereitet den Boden, auf dem Gewalt gedeiht“, sagte Geißler.

Er beklagte zudem das mangelnde Wissen über Ausländer in der Bevölkerung und die Simplifizierung der Probleme durch die Politik. In einer Umfrage des Emnid-Instituts Anfang Oktober hatten 66 Prozent der Befragten angegeben, die Zuwanderung nach Deutschland sei „zu stark“ und überschreite die Grenzen der Belastbarkeit. „Das beste Mittel gegen solche Einstellungen sind Bildung und Erziehung“, sagte Geißler. Er sprach sich gegen einen Antrag zum Verbot der NPD aus. „Wenn das Verbot scheitert, ist der Schaden doppelt so groß.“

Die ehemalige Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hält in ihrem Aufsatz fest, dass im Grundgesetz fünf der zwanzig Grundrechte ausdrücklich als „Deutschen-Rechte“ formuliert sind. Vor diesem Hintergrund dürfe die von Unionspolitikern oft behauptete Freundlichkeit der Deutschen gegenüber Fremden als schlichter Euphemismus bewertet werden. Bundestagspräsident Wolfgang Thierse warnt in seinem Aufsatz, Statistiken als Beleg für eine größere Ausländerkriminalität heranzuziehen. Man müsse auf die Besonderheit hinweisen, dass Deutsche bestimmte Verstöße gegen das Ausländer- und Asylverfahrensgesetz gar nicht begehen können.

Der Autor zahlreicher Sozialreportagen, Günter Wallraff, beklagt in seinem Text, dass die Deutschen den Rassismus mit zweierlei Maß messen würden. „Die meisten Menschen in Deutschland waren für die Abschaffung der Apartheid in Südafrika. Aber sobald die Apartheid vor der eigenen Haustür stattfindet, gelten andere Maßstäbe.“

RALF GEISSLER

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