: Kein goldenes Exil in Florida
Für den Mord an drei Nonnen stehen in den USA zwei salvadorianische Militärs vor Gericht. Auch in El Salvador beginnt die juristische Aufarbeitung des Bürgerkriegs
SAN SALVADOR taz ■ Seit Dienstag stehen zum ersten Mal seit dem Ende des salvadorianischen Bürgerkriegs (1980 bis 1992) hohe Militärs wegen damals begangener Verbrechen vor Gericht. Nicht in El Salvador, sondern in den USA, in dem Land also, das damals den Krieg mit vier Millionen Dollar pro Tag finanzierte.
José Guillermo García, Anfang der 80er-Jahre Verteidigungsminister, und Eugenio Vides Casanova, zur selben Zeit Chef der Nationalgarde, müssen sich in West Palm Beach dem Richter stellen. Dort leben die jetzt Angeklagten seit ihrem Ruhestand 1989 im goldenen Exil.
Bei dem Prozess geht es um die zivilrechtliche Verantwortung der beiden Militärs für den Mord an drei Nonnen aus den USA und einer Begleiterin am 2. Dezember 1980. Die vier Frauen waren bei einer Überlandfahrt von einer Patrouille der Nationalgarde aufgehalten, vergewaltigt und anschließend ermordet worden. Die Tat erregte in den USA großes Aufsehen und verstärkte die Kritik an der Zentralamerikapolitik Präsident Reagans. Schon 1993 stellte der Bericht der salvadorianischen Wahrheitskommission fest, dass der Befehl zu diesem Mord von ganz oben kam, dass die beiden jetzt Angeklagten zumindest davon wussten und dass sie versuchten, Beweise zu vertuschen.
In kürzlich veröffentlichten Dokumenten des US-Geheimdienstes CIA wird dies noch erhärtet. Auf diese Papiere stützen sich nun Angehörige der Mordopfer, die von den beiden Militärs zunächst auf zivilrechtlichem Weg Schadensersatz und Schmerzensgeld haben wollen. Im Falle eines Erfolgs wollen die Kläger eine strafrechtliche zweite Runde nicht ausschließen. Gegen die beiden Salvadorianer liegen in den USA vier weitere Klagen von Folteropfern vor.
Die salvadorianische Regierung hält sich mit ihrer Kritik an dem Verfahren in Florida zurück. Schließlich leben 1,5 Millionen Landsleute in den USA, die meisten von ihnen illegal. Nur wegen ihrer Überweisungen hat El Salvador eine einigermaßen stabile Wirtschaft. Die damaligen Geschehnisse würden vor salvadorianischen Gerichten nicht aufgerollt, sagte der rechte Präsident Francisco Flores klipp und klar. Schließlich sei 1993 eine Generalamnestie erlassen worden.
Flores könnte sich täuschen. In der vergangenen Woche hat das Verfassungsgericht in San Salvador zwar verschiedene Klagen gegen dieses Amnestiegesetz abgewiesen. Gleichzeitig aber machte das Urteil klar: Die Generalamnestie bedeutet keine automatische Straffreiheit. Ein Richter müsse in jedem Einzelfall entscheiden, ob amnestiert wird oder nicht. Fraglich ist dies etwa bei dem Massaker an der Jesuiten-Universität vom 16. November 1989. Eine Spezialeinheit der Armee hatte in dieser Nacht sechs regierungskritische Geistliche und zwei ihrer Hausangestellten ermordet. Die Universität hat angekündigt, sie werde den Generalstaatsanwalt mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde zu Ermittlungen zwingen. Haftbefehle gegen den Expräsidenten Alfredo Cristiani und seinen Verteidigungsminister René Emilio Ponce sind bereits beantragt. TONI KEPPELER
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