piwik no script img

Tauf-frischer Elch

Im Wildpark Schwarze Berge gibt es jetzt auch eine Elchkuh und das passende Gehege gleich dazu  ■ Von Timm Christmann

Um die 300.000 Elche traben durch Schweden. Knapp zehn gibt es vielleicht in Deutschland. Dieses Ungleichgewicht wird so schnell nicht aus der Welt zu schaffen sein, doch ein Schritt hin zu einem EU-internen Artenausgleich ist getan. „Erster Elch vor Hamburgs Toren“, so kündigte der schwedische Zellstoffhersteller Södra die Ankunft des „Herrn der schwedischen Wälder“ an. Der steht aber nicht „ante“, sondern „post portas“ – nämlich in einem neuen Gehege des Wildparks Schwarze Berge. Denn dafür hatte das skandinavische Unternehmen eine Elchkuh gestiftet. Der „Herr“ ist also eine Dame. Und gestern wurde zu ihrer Taufe geladen.

Die Experten der Werbeagentur taufrisch hatten alles dem Anlass entsprechend vorbereitet. In einem Zelt wurde Wodka gereicht und von der Decke baumelten kuschelige Elchpuppen. Vor einer Fahne seines Landes begrüßte der schwedische Generalkonsul und stolze Taufpate Leif Sjöström das „neu angekommene Mitglied der schwedischen Familie“ auf seine Art: „Ob sie schön ist, da scheiden sich die Geister. Ich finde, sie hat etwas Kraftvolles, Mystisches, Bizarres.“

Wer eine entsprechende Taufprozedur erwartet hatte, wurde enttäuscht. Die Elchin schlich in einem kleinen, umzäunten Areal auf und ab und konnte froh sein, nur gut riechen zu können, aber schlecht zu sehen, wie der Geschäftsführer des Wildparks Hartmut Müller zuvor erläutert hatte. Zwei Schulklassen drängelten im strömenden Regen mit Fotografen und Kamerateams um die Wette, die ihre Linsen verzweifelt durch den Maschendraht quetschten. Dann warf Sjöström einen trockenen Blumenstrauß ins Gehege, zog das Gatter auf und murmelte etwas wie „Emmi“. In Gedanken war er wohl schon beim angekündigten „rustikalen Imbiss“, wo er später veriet, dass „Elchfleisch eigentlich ganz gut schmeckt“.

Die dreijährige Heldin des Tages war sich der Bedeutung des Blumenwurfs scheinbar nicht bewusst. Statt Flipper-like in die vermeintliche Freiheit zu springen, blieb sie zunächst, wo sie war. Dann trampelte sie über den Blumenstrauß nach draußen und stieß gleich wieder an einen Zaun. Spätestens jetzt ahnte sie wohl trotz Augenschwäche, dass 8000 Quadratmeter noch lange nicht den 1,9 Millionen Hektar entsprechen, die ihr großzügiger Spender in Schweden an Wald besitzt. Doch Södra will sich nicht lumpen lassen. „Spaß muss sein“, sagte Hartmut Gärtner, Geschäftsführer der Firma in Deutschland, und versprach für nächstes Frühjahr die Ankunft eines Elchbullen. Der soll dann auch ein echter Schwede sein. Emmi selber wurde nämlich in einem Tierpark in der Lüneburger Heide geboren. War wohl nix mit dem Artenausgleich.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen