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Küssen in der Kampfpause

Splatterfreuden: „Wild Zero“ von Tetsuro Takeuchi ist ein japanischer Rock ’n’ Roll-Film, der elegant Zombies, Rocker, UFOs und eine schüchterne Liebesgeschichte verbindet

Oft denkt man, die Zeiten des wilden Trash seien längst vorüber. Begraben in den Siebziger- und Achtzigerjahren, als Zombies sich mit Entschlossenheit auf der Leinwand des Eiszeit-Kinos amüsierten, als Freddy Krüger noch nicht ganz zur Witzfigur für Teenager geworden war und junge Philosophen kluge Vorträge über „Texas-Chainsaw-Massacre 1 – 3“ hielten. Wobei Amüsement vielleicht nicht ganz der richtige Ausdruck ist, auch wenn sich die B-Filme durch einen prima Humor auszeichneten.

Horrorfilmproduktionen aus Hollywood jedenfalls bedienten sich ausgiebig bei den so billigen wie enthusiatischen B-Horrorfilmen und schienen sie gänzlich ausgesaugt zu haben. Ein bisschen überraschend, dass nun mit „Wild Zero“ ein japanischer Film an die großen Zeiten des Genres anknüpft. In Sachen Leinwandgewalt kann den Japanern zwar nicht so schnell wer was vormachen; einen derartig comicgewalttätigen Rock 'n’ Roll-Film hätte man aber einem japanischen Regisseur nicht zugetraut.

Der 34-jährige Regisseur Tetsuro Takeuchi hat sich überall bedient: „Wild Zero“ ist sehr wilder Rock 'n’ Roll mit einer Musik, die an die Ramones erinnert; ein Zombie-Superhelden-Comic-film, ein ausgedehnter Videoclip, ein japanisches Pulp-Fiction-Remake, eine sentimentale Liebesgeschichte, nicht zuletzt auch mit roten Herzchen, durch die man auf die Helden guckt, wenn sie sich in Kampfpausen und am Ende sowieso küssen.

Die ersten Minuten ist man noch etwas schockiert, wenn Köpfe abgeschossen werden, dann gewöhnt man sich daran. Denn das Hauptkriterium guter Trashfilme ist ja, dass die Gewalt unecht ist: Im Comicstrip sind die Toten nichts anderes als Satzzeichen vielleicht, und immer wieder ruft einer laut Rock 'n’ Roll, wenn die nächste Runde im Kampf zwischen Zombies, wilden Rockern und ihrem glühendsten Fan beginnt.

Es geht um Ace, der seiner Lieblingsband „Guitar Wolf“ in die entlegendsten Gebiete von Auftritt zu Auftritt folgt. Irgendwann spielt die Band in einer unheimlichen Geisterstadt, die von hungrigen Zombies bevölkert wird. Ace fährt da auch hin, trifft zwischendurch die hübsche Tobio. Es kommt zu harten Auseinandersetzungen. Ufos und ein durchgeknallter Manager mit Hot Pants spielen auch eine Rolle. Die Straightness, mit der die disparaten Erzähllinien des Films zusammengehalten werden, ist beeindruckend. Die Band „Guitar Wolf“ gibt’s auch in echt.

DETLEF KUHLBRODT

„Wild Zero“. Regie: Tetsuro Takeuchi; Japan 1999, 98 Min.

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