Forscher in der Stille

James J. Heckman erhält den Nobelpreis für Wirtschaft. Natürlich stammt er aus den USA

Die Überraschung war groß, als der Nobelpreis für Wirtschaft gestern an den nur in Insider-Kreisen bekannten James J. Heckman von der Universität Chicago ging. Zusammen mit Heckman wurde der 63-jährige Daniel L. McFadden von der Berkely-Universität in Kalifornien ausgezeichnet. Damit teilten sich erneut zwei US-amerikanische Wirtschaftswissenschaftler den Preis. Seit Vergabe des Wirtschaftspreises im Jahr 1969 waren 69 von 46 Preisträgern US-Forscher. Eine Frau hat den Preis noch nie bekommen.

Heckman wurde 1944 in Chicago geboren und ging dort zur Schule. Später studierte er in Princeton Wirtschaftswissenschaften. In seiner Doktorarbeit widmete er sich bereits dem Zusammenspiel von Haushaltsarbeit und Nachfrage nach Konsumgütern. Und zeigt sein Interesse für die Nachbarwissenschaft Soziologie, die er in seinen gesamten Veröffentlichungen immer wieder streift.

Seit 1973 lehrt Heckman als Professor an der berüchtigten Universität Chicago, die auch die neoliberalen Chicago-Boys hervorgebracht hat. Sein Fachgebiet ist die so genannte Mikroökonomie, die Wirtschaft und Statistik in einer Disziplin verschmelzt. Eines seiner Lieblingsthemen ist das Verhalten von Individuen in Beschäftigungsprogrammen der Arbeitsmarktpolitik. Dabei klärte er beispielsweise, warum einige Personen an den Programmen teilnahmen, andere nicht, und wie verschiedene Anreize auf ihr Verhalten einwirken. Letztlich ging es um die Frage, ob derartige Programme Arbeitslose mobilisieren können. Außerdem schrieb er darüber, wie öffentliches und privates Jobtraining Verdienst und Arbeitsplatz beeinflussen. Seine wissenschaftlichen Analysen wurden bisher bei ähnlichen Problemen in Deutschland bislang ignoriert und nicht angewandt. Heckman erhielt unzählige Ehrenauszeichnungen für seine Forschungsarbeiten, beispielsweise den Ehrendoktor der Yale-Universität. Außerdem ist er Mitglied der Econometric Society, der American Academy of Arts and Sciences und der National Academy of Sciences.

Der heute 56-Jährige arbeitet zurückgezogen. Seine die kleinen Prozesse der Wirtschaft beschreibenden Forschungsarbeiten sind der Öffentlichkeit schwer vermittelbar. Auch an Universitäten werden Heckmans Erkenntnisse kaum gelehrt. Nach Meinung von Kollegen verdient er den Preis als Anerkennung dafür, individuelles Verhalten als Basis der Gesamtwirtschaft zu analysieren. Die Vergabe an diesen Forscher in der Stille sei eine gute Entscheidung und könne der Mikroökonomik Impulse geben. KATHRIN BURGER