: Entschädigung in eigener Sache
Ukrainischer Parlamentarier hat Geld für Zwangsarbeiter veruntreut. Ihm droht Nachspiel vor deutschen Gerichten
HANNOVER taz ■ Die Veruntreuung von 86 Millionen Mark aus einem Entschädigungsfonds für ukrainische NS-Opfer wird für den ukrainischen Abgeordneten Wiktor Scherditski voraussichtlich ein juristisches Nachspiel in Deutschland haben.
Der frühere Vorstandsvorsitzende der Kiewer Gradobank war am vergangenen Dienstag in Hannover verhaftet worden, als er 50.000 Dollar von einem seiner deutschen Konten abheben wollte. Gegen den Parlamentarier, der in seinem Heimatland Immunität genießt, hat die Staatsanwaltschaft Hannover inzwischen Haftbefehl wegen des dringenden Verdachts auf Untreue erlassen.
Scherditski soll Gelder, die der Bund für den Entschädigungsfonds an die Gradobank überwiesen hatte, an Scheinfirmen weitergeleitet haben, deren Inhaber er selbst war. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft hatte die Bundesrepublik 1994 und 1995 insgesamt 400 Millionen Mark gezahlt, davon 240 Millionen an die von Scherditski geleitete Gradobank.
Erste Anhaltspunkte für die Veruntreuung hätten die deutschen Ermittlungsbehörden durch ein ukrainisches Rechtshilfeersuchen erhalten, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Thomas Klinge. Da der Beschuldigte aber einen Teil seiner Transaktionen über eine Im- und Export GmbH mit Sitz in Hannover abgewickelt habe, ermittle seit Ende 1997 auch die dortige Staatsanwaltschaft. Solange der 42-jährige Parlamentarier Immunität genieße, könnte die ukrainische Justiz keinen Auslieferungsantrag stellen. Ein erster Versuch, diese aufzuheben, sei bereits gescheitert.
Der Bundesrepublik oder den NS-Opfern ist aber nach Angaben der Staatsanwaltschaft durch die Transaktionen kein Geld verloren gegangen. Der ukrainische Staat will für den entstandenen Schaden aufkommen.
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