piwik no script img

Schwarzes Familienpicknick

US-Schwarzenführer Louis Farrakhan rief zum „Million Family March“ nach Washington: 100.000 kamen

WASHINGTON taz ■ Am Montag dieser Woche kehrte „Nation of Islam“-Führer Louis Farrakhan mit dem „Million Family March“ nach Washington zurück. Es sollte der Million Man March II werden, der allerdings anders als die Vorgängerveranstaltung von 1995 Frauen ebenso wenig ausschloss wie Familien anderer Ethnien und Völker. Knapp 100.000 Teilnehmer kamen.

Wie damals der Marsch ein Appell an die schwarzen Männer sein sollte, in sich zu gehen, den Krieg im Ghetto gegeneinander einzustellen und sich ihrer Verantwortung für ihre Familien und ihre Nachbarschaften bewußt zu werden, so war der Million Family March ein Appell an die Familie zusammenzuhalten und ein Aufruf an die Gesellschaft, die Familie als ihre wichtigste Zelle zu begreifen.

Farrakhan, der sich durch antisemitische Tiraden einen Namen gemacht hatte, versucht seit einiger Zeit, sein Image aufzupolieren. Zu diesem Zweck ging er eine Koalition ausgerechnet mit der Vereinigungskirche des koreanischen Sektenführers Sun Myung Moon ein.

Waren die Millionenmärsche schwarzer Männer in Washington und schwarzer Frauen in Philadelphia solidarisierende Ereignisse, die ihre Teilnehmer begeistert zurückließen, war der Million Family March ein uninspiriertes Picknick. Vorwiegend schwarze Familien nahmen teil und hörten Farrakhans zweistündige Rede – eine Hand voll Weiße war in der Menge zu sehen, und Moons Koreaner beschränkten sich darauf, Ginsengbrause zu verkaufen.

Farrakhans „Millionenmärsche“ sind eine schwarze und pseudoislamische Version der Veranstaltungen der christlichen Rechten. Ihr Zustandekommen zeigt, dass die Schwarzen in den USA eigentlich ein höchst konservatives Wählerpotential sein könnten. Ihre Stimmen gehen nur deshalb nicht an die Republikaner, weil das die Partei weißer Männer aus den Südstaaten ist. Wem die Vereinigung der christlichen Rechten mit dem schwarzen islamischen Nationalismus gelänge, der hätte eine potente rechte Kraft geschaffen. Farrakhan dürfte dieser Versuch am Montag misslungen sein.

PETER TAUTFEST

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen