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Aufräumen auf den Müllbergen

Hausmüll landet noch zu oft direkt und unbehandelt auf Deponien. Novelle der technischen Anleitung Siedlungsabfall: Mechanisch-biologische Vorbehandlung soll der Müllverbrennung gleichgestellt werden, Schlupflöcher gestopft

aus Berlin ANNETTE JENSEN

Nach wie vor landen 60 Prozent des deutschen Hausmülls direkt auf der Deponie. Damit soll jetzt Schluss sein: Die Bundesregierung will die von Exumweltminister Klaus Töpfer 1993 eingeführte Tasi (technische Anleitung Siedlungsabfall) novellieren. Die jetzige Tasi schreibt vor, dass nur vorbehandelter Müll abgelagert werden darf, von dem keine Gefahr für Grundwasser und Luft ausgeht. Doch die Vorschrift lässt bisher zahlreiche Schlupflöcher zu, die viele Kommunen zu einer Fortsetzung der billigen Sofortdeponierung bei sich oder anderswo im Land nutzen.

Diese Löcher versucht das Umweltministerium jetzt zu stopfen. Das Bundeskabinett hat den Entwurf einer Novelle beschlossen, mit der sich kommende Woche der Bundesrat beschäftigen wird. Zum einen soll die Tasi einen verbesserten Rechtsstatus erhalten. Während sie bisher erst durch die Länder in eine Verwaltungsvorschrift umgesetzt werden musste, was zu einer Vielzahl von Regelungen und Ausnahmegenehmigungen geführt hat, soll sie künftig aus drei Rechtsverordnungen bestehen. Damit ist sie unmittelbar für die Betreiber von Deponien und Müllöfen verbindlich. Verstöße können mit Bußgeldern belegt werden.

Zum Zweiten soll künftig nicht nur Müllverbrennung, sondern auch die mechanisch-biologische Vorbehandlung als geeignet gelten. Ziel der Novelle bleibt es zwar weiterhin, nur solche Stoffe abzulagern, die weder rotten noch ausgasen. Denn Deponien sind Bauwerke mit langfristigen Wirkungen über 100 bis 200 Jahre. In ihrer bisherigen Fassung schreibt die Tasi dafür einen Glühverlust von höchstens fünf Prozent vor, der ausschließlich durch Müllverbrennung zu erreichen ist. Kriterien für eine künftige akzeptable mechanisch-biologische Vorbehandlungen für die langfristige Stabilität der Ablagerungen soll die Sauerstoffzehrung sein. „Damit werden wir Wettbewerb, Vielfalt und Innovation in der Abfallwirtschaft stärken“, sagt Rainer Baake, Staatssekretär im Bundesumweltministerium.

Das Ministerium interpretiert eine Studie des Umweltbundesamtes dahingehend, dass die mechanisch-biologische Behandlung eine ökologisch gleichwertige Methode der Müllvorbehandlung ist wie die Verbrennung, wenn die Anlagen mit entsprechenden Filtern ausgerüstet sind. Von Seiten des baden-württembergischen Umweltministeriums wird die Expertise anders interpretiert: Die mechanisch-biologische Abfallbehandlung sei weniger umweltverträglich als eine moderne Müllverbrennung. So oder so, allein wird diese Behandlungsmethode nicht ausreichen. Denn Stoffe mit hohem Heizwert wie Plastik sind hierdurch nicht zu knacken und müssen auch künftig verbrannt werden.

Noch ein anderes abfallpolitisches Thema will das Umweltministerium jetzt angehen: Die Scheinverwertung von Abfällen. Während nämlich beim Hausmüll nach wie vor die Kommunen allein zuständig sind, dürfen Firmen ihre real oder vermeintlich verwertbaren Abfälle als Handelsgut anderswohin bringen. Doch häufig geht es dabei wieder nur um eine billige Entsorgung, bei der ein paar Prozent „Wertstoffe“ aussortiert werden, um den Rest dann auf einer schlecht gesicherten Deponie abzulagern oder in einer Zementfabrik zu verbrennen. Dieses Thema soll auf der anstehenden Umweltministerkonferenz zur Sprache kommen. Das BMU will bei Abfällen zur Verwertung gleiche Umweltanforderungen erreichen wie bei Abfällen zur Entsorgung. Doch selbst wenn es gelingt, die deutschen Anlagen angemessen zu kontrollieren: Der Weg von Dumpingfirmen über die Grenze beispielsweise nach Belgien ist nach wie vor offen. Die EU-Kommission hat bei einem Gespräch mit deutschen Umweltpolitikern gerade erst klargestellt, dass sie Handelsbeschränkungen bei „Wertstoffen“ nicht zulassen wird.

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