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Rote Seitensprünge mit System

Die Hemmungen der Sozialdemokraten schwinden: Seit dem Frühjahr nähern sich prominente Berliner SPD-Politiker immer offener der PDS. Der Landesvorsitzende Peter Strieder hat sich dabei bislang auffallend zurückgehalten

Der Kurswechsel kam ziemlich schnell. Im Berliner Wahlkampf vor einem Jahr hatte SPD-Spitzenkandidat Walter Momper ein Bündnis mit der PDS noch kategorisch ausgeschlossen, und selbst im Januar dieses Jahres versicherte der Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, Klaus Wowereit: „Die PDS ist kein Bündnispartner.“

Drei Monate später war plötzlich alles anders. Da erklärte Wowereit im taz-Interview, eine mögliche Zusammenarbeit mit den Linkssozialisten sei „sicher ein Thema, das wir diskutieren müssen“. Und prompt zeigte sich: Die Welle der Empörung, vor der sich viele Sozialdemokraten so lange gefürchtet hatten, blieb aus. Da konnte der Fraktionschef im Juli den nächsten Schritt wagen – und in aller Öffentlichkeit mit PDS-Star Gregor Gysi diskutieren. Momper ließ es sich nicht nehmen, seinerseits gemeinsam mit PDS-Landeschefin Petra Pau aufzutreten.

Die erste Gelegenheit, die neue Linie zu erproben, ließ nicht lange auf sich warten. Die derzeit laufenden Neuwahlen der Bezirksbürgermeister, durch die Fusion der Bezirke nötig geworden, boten sich als Testfeld für erste rot-rote Freilandversuche an. Im west-östlichen Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg müssen sich nun erstmals Westler von einer Bürgermeisterin auf PDS-Ticket regieren lassen.

Im Osten war der Dammbruch längst erfolgt. In Mecklenburg-Vorpommern regiert die SPD schon seit zwei Jahren im festen Bündnis mit der PDS, und die Magdeburger Genossen wollen beim nächsten Mal über die verschämte Tolerierung hinausgehen. Weil Kanzler Gerhard Schröder wenig Lust verspürt, im Bundesrat von rot-schwarzen Wackelkandidaten abhängig zu sein, könnte sich die Zahl der rot-roten Koalitionen bald vermehren.

Der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) glaubt allerdings, dass das einst geteilte Berlin für ein solches Experiment nicht der erste Kandidat ist. „Erst käme wohl Brandenburg dran“, sagte Diepgen vergangene Woche der FAZ.

SPD-Landeschef Peter Strieder hat sich aus dieser Debatte bislang auffallend herausgehalten. Im Sommer war der 48-Jährige, der seit einem knappen Jahr das Großressort für Bauen, Verkehr und Stadtentwicklung führt, vollauf mit dem Kampf um seine Wiederwahl im Landesvorsitz beschäftigt. Danach schienen sich die Gemüter in der Partei wieder zu beruhigen – bis es zwischen Strieder und Schulsenator Klaus Böger über eine untergeordnete Personalfrage zum Eklat kam: Die beiden Politiker konnten sich nicht einigen, wer für die SPD stellvertretender Senatssprecher wird. RALPH BOLLMANN

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