: Nach dem Brückenbauer: Die Speerspitze
Laurenz Meyer, designierter Generalsekretär der CDU, wirkte bisher in Nordrhein-Westfalen als kämpferischer Oppositionsführer
KÖLN taz ■ Parteiseele muss er haben, Kompetenz und Angriffslust: So stellt sich einer wie das erfolgreiche Berliner CDU-Fossil Eberhard Diepgen einen Generalsekretär vor. Und so einen bekommt die Union jetzt, wenn die Parteigremien zustimmen: Laurenz Meyer, derzeit noch stellvertretender Landtagspräsident in Nordrhein-Westfalen und von seiner parlamentarischen Praxis her so etwas wie ein Gegenentwurf zum besinnlichen Vorgänger Polenz, der sich als „Brückenbauer“ verstand und zum Abschied meinte, die Union brauche vielleicht eine „Speerspitze“.
Zur CDU war der zwanzigjährige Abiturient Meyer in bewegter Zeit gestoßen: 1968. Studieren tat er im ruhigeren Münster. Hier legte er 1975 sein Examen als Diplomvolkswirt ab und fand noch im gleichen Jahr eine Anstellung bei dem Energieunternehmen VEW AG in Dortmund. 1975 begann auch seine politische Karriere: Meyer wurde in den Stadtrat von Hamm gewählt. Bei der Kommunalwahl 1995 verpasste er das Oberbürgermeisteramt in der einstigen SPD-Hochburg um gerade 300 Stimmen. Dem NRW-Landtag gehört Meyer seit 1990 an, von 1997 bis 1999 als stellvertretender Fraktionsvorsitzender.
Seinen ersten großen Auftritt hatte der scharfzüngige Debattierer im Sommer 1998 mit der Aufdeckung der Subventionsaffäre um das Trickfilmzentrum High Definition Oberhausen (HDO). Sie machte ihn landesweit bekannt. Denn als Vorsitzender des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses verstand er es geschickt, die Affäre um das einstige Vorzeigeobjekt von Ministerpräsident Wolfgang Clement, in dem über 100 Millionen Mark an Steuergeldern versickerten, zu einem der beherrschenden politischen Themen in Düsseldorf zu machen.
Nachdem der bisherige Landespartei- und Fraktionschef Helmut Linssen in einer Kampfabstimmung um den Parteivorsitz Jürgen Rüttgers unterlag und daraufhin auch seinen Fraktionschefsessel räumte, übernahm Meyer im Februar 1999 das Amt. Immer wieder attackierte er in seiner neuen Funktion scharf die Landesregierung. So legte er in der WestLB-Flugaffäre nicht nur dem damaligen Finanzminister Heinz Schleußer, sondern auch Clement den Rücktritt nahe. Am liebsten hätte er auch Bundespräsident Johannes Rau vor den Untersuchungsausschuss geladen. Doch Rüttgers bremste den Eifrigen, der sogar in der rechtsextremistischen Jungen Freiheit gegen „dieses ganze Filzgeflecht“ der SPD schoss.
Meyer hatte allerdings vor seinem Amtsantritt Rüttgers versprochen, seinen Platz für den Exzukunftsminister wieder zu räumen, falls dieser nicht Ministerpräsident werden sollte. Nach der verlorenen Landtagswahl fiel es dem vierfachen Familienvater jedoch sichtlich schwer, sein Ehrenwort einzulösen. Auch viele seiner Fraktionskollegen hätten ihn gern als Fraktionschef behalten. Doch er stand zu seinem Wort. Rüttgers belohnte ihn dafür mit dem Posten des Landtagsvizepräsidenten. Schon damals bekundete Meyer: „Ich habe nicht die Absicht, mich aus politischen Debatten herauszuhalten.“
Bisher habe die Bundes-CDU einen Generalsekretär gehabt, „der weder bellen noch beißen konnte“, kommentiert die Fraktionschefin der nordrhein-westfälischen Grünen, Sylvia Löhrmann gegenüber der taz den Wechsel in der CDU-Spitze. „Dass Laurenz Meyer zumindest laut bellen kann, hat er hinlänglich bewiesen.“ Allerdings sei zu bezweifeln, dass er „auch an der richtigen Stelle zubeißen kann“. PASCAL BEUCKER
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