: Großer Überschuss
US-Haushalt bricht alle Rekorde. Wahlkämpfer uneinig, wie das Plus von 240 Milliarden Dollar anzulegen ist
WASHINGTON ap/taz ■ Die USA haben ihr Haushaltsjahr Ende September mit einem Rekordüberschuss beendet. Das Plus in der Staatskasse belaufe sich auf 237 Milliarden bei Einnahmen von 2,03 Billionen Dollar, teilte Präsident Bill Clinton am Dienstag in Washington mit. Das Plus entsprach 2,4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Es ist das dritte Jahr in Folge, dass der US-Etat mit einem Überschuss abschließt. Dies war zuletzt 1949 der Fall.
Hauptursache sind sprudelnde Steuereinnahmen (eine Billion Einkommensteuer plus 200 Milliarden Gewinnsteuern der Unternehmen) als Folge des starken Wirtschaftswachstums mit geringer Arbeitslosigkeit sowie eine „disziplinierte Ausgabenpolitik“. Allein die Sozialversicherungen produzierten einen Überschuss von 150 Milliarden Dollar.
Zu den überschüssigen Milliarden in Washington kommen noch diejenigen der einzelnen Bundesstaaten. Die forschen Projektionen US-amerikanischer Ökonomen summieren die Überschüsse der kommenden zehn Jahre für den Bundeshaushalt auf 4,6 Billionen Dollar.
Bei so viel Reichtum stellt sich natürlich die schwierige Frage: Was tun damit? Der Streit ist voll entbrannt, immerhin ist Wahlkampf. Präsidentschaftskandidat George Bush will vor allem Steuern kürzen. Konkurrent und Vizepräsident Al Gore will etwas weniger Steuern senken und mehr in die Bildung und das Gesundheitsystem investieren.
Volkswirtschaftler halten Steuern senken zum gegenwärtigen Zeitpunkt allerdings nicht für angebracht: Das Geld würde den US-Konsumenten zugute kommen, und diese kaufen schon jetzt ein wie verrückt. Besser wäre es, die Staatsschulden in Höhe von knapp drei Billionen Dollar abzubauen, meinen sie. Denn die Anleger müssten dann umschwenken von immer knapper werdenden Staatsanleihen auf Unternehmensanleihen. Damit würde das Geld Investitionen anschieben statt Konsum, so die Argumentation.
Skeptiker halten die Diskussion hingegen für einen Streit um des Kaisers Bart: Nur weil die USA ein Jahrzehnt des Booms hinter sich haben, sei die Arbeitslosigkeit so niedrig und der Haushalt im Positiven. Keine Erfahrung spreche dafür, dass der Boom unverändert ein weiteres Jahrzehnt andauern könne. Das Budget-Plus kann also so schnell wieder verschwinden, wie es aufgetaucht ist. REINER METZGER
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