die anderen:
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung analysiert die bevorstehende Reise Schröders in den Nahen Osten: Trotz der jüngsten Vereinbarung von Scharm al-Scheich ist es nicht gelungen, ein Ende der Gewalttätigkeiten zu erreichen. Wie groß die Ratlosigkeit ist, zeigt Baraks überraschende Bitte an Schröder, er möge bei seiner bevorstehenden Nahostreise auf Arafat mäßigend einwirken. Bisher wollte Israel immer nur Amerika in einer solchen Rolle dulden. Doch was, außer diplomatischer Hilfestellung, kann etwa Berlin realistischerweise leisten? Wahrscheinlich hat Außenminister Fischer Recht: Über gute diplomatische Dienste für beide Seiten hinter den Kulissen und praktische Hilfe beim Aufbau der palästinensischen Gebiete hinaus gibt es für Deutschland keine Rolle als „politischer Makler“ im Nahen Osten.
Die Süddeutsche Zeitung merkt zum selben Thema an: Als Vermittler kann Schröder nicht auftreten. Deutschland, auch der EU insgesamt, fehlt das globale Gewicht Amerikas. Außerdem kann Deutschland wegen seiner special relationship zu Israel nicht neutral agieren. Jede israelische Regierung würde auf Belehrungen oder moralische Vorhaltungen aus Berlin erzürnt reagieren. Die Araber aber halten Deutschland aus ihrer Sicht zu Recht für parteiisch. In Israel kann sich Schröder nicht einmal erlauben, im gleichen Atemzug die tödlichen Schüsse auf arabische Kinder und den Lynchmord an israelischen Soldaten anzuprangern.
Die Sächsische Zeitung schreibt zum Nahostkonflikt: Seit zehn Jahren gehört dieser Satz zur diplomatischen Zitatensammlung: Das wiedervereinigte Deutschland müsse größere politische Verantwortung übernehmen. Warum ausgerechnet der Nahe Osten davon ausgenommen bleiben soll, leuchtet nicht ein. Die bisherige Zurückhaltung hatte zwar historisch verständliche Gründe. Doch daran festzuhalten, grenzt an politische Selbstbeschränkung, die niemandem nützt. Niemand wird ernsthaft erwarten, dass der Bundeskanzler nun in die Rolle des Vermittlers schlüpft. Wenn Schröder den zerrissenen Gesprächsfaden zwischen Barak und Arafat wieder knüpfen kann, dann sollte er die Chance nutzen.
Auch der Bonner General-Anzeiger kommentiert die Schröder-Reise: Der Gedanke an eine deutsche Vermittlerrolle im Nahostkonflikt ist absurd, überschätzt die Einflussmöglichkeiten Berlins und führt dazu, dass die Bundesregierung zwischen die politischen Fronten gerät. Das kann man sich wegen der besonderen Beziehung zu Israel unter keinen Umständen leisten.
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