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Apartheidsthriller

■ Geschichten, die Südafrika schrieb: Ruth Weiss liest aus Nacht des Verrats

Spätestens seit Henning Mankells Die weiße Löwin ist klar: Die Machenschaften der Buren in Südafrika zu Zeiten der Apartheid sowie ihrer Abschaffung böten Stoff für Hunderte von Kriminalromanen und Agententhrillern. Mankell verfolgte 1997 die Wege eines von Afrikaanern, wie sich die Buren nennen, gedungenen schwarzen Mörders von Johannesburg bis in eine schwedische Kleinstadt, wo er für ein Attentat auf Nelson Mandela fit gemacht werden sollte. Mögen auch viele der äußeren Umstände, die Mankell für seinen Krimi nutzte, fiktiv sein – die Pläne zu dem Anschlag sind es nicht: Den fanatischen burischen Geheimdienstlern und ihren Anhängern galten die Friedensverhandlungen des aus dem Gefängnis enlassenen ANC-Vertreters Mandela mit der NP-Regierung Frederik de Klerks als unbedingt abzuwendende Bedrohung weißer Vorherrschaft. Die zu erhalten, schreckten sie nicht nur vor Mordattentaten, sondern auch vor einem schmutzigen Krieg in den Townships und Homelands Südafrikas nicht zurück.

Ans Tageslicht gebracht hat solche Verschwörungen zu einem Gutteil die von der Nach-Apartheids-Regierung 1995 ins Leben gerufene Wahrheits- und Versöhnungskommission. Aussagewilligen Tätern aller Lager, der schwarzen Befreiungsbewegung, der burischen Minderheit und der Inkatha Freedom Party des schwarzen Nationalisten und Separatisten Mangosuthu Buthelezi, sollte Amnestie gewährt werden, wenn sie nur zur Aufklärung der Verbrechen der Apartheidszeit beitrügen.

Auf den dort gewonnenen Erkenntnissen fußt nicht nur der Band Geteiltes Land der hierzulande durch ausgedehnte Lesereisen bekannten Autorin und Journalistin Ruth Weiss, in dem sie vor drei Jahren die Geschichte Südafrikas resümierte. Wem ihr jüngstes Buch, Nacht des Verrats, in die Hände gerät, sollte am nächsten Morgen nichts vorhaben, denn auch, wenn es ihr erster Thriller ist, lässt er einen nicht mehr los.

Die Geschichte, trotz allem mit viel Humor erzählt durch den jungen Anwalt Ben Glaser, begibt sich tief und kenntnisreich in das Netz aus Geheimdiensten, weissen Söldnertruppen und schwarzen Befreiungsarmeen im gesamten südlichen Afrika. Ihren Ausgang nimmt sie 1978 in Südrhodesien, das zwei Jahre später Zimbabwe heißen sollte, nach einem mörderischen Überfall, dem die Bewohner einer Missionsstation sämtlichst zum Opfer fielen. Einzige Überlebende: die Tochter des Missionsleiters, die sich zur fraglichen Zeit in einem Internat in Johannesburg aufhält. Des Mädchens nimmt sich ein Agent des südafrikanischen Geheimdienstes an, der seine Chance wittert, sie zu einer Kampfmaschine im Dienste der Apartheid heranzuziehen – wenn er sie nur davon überzeugen kann, die Missionsattentäter seien Schwarze gewesen.

Und tatsächlich: Caroline Hughes wird zu einer hasserfüllten Agentin der südafrikanischen Regierung und perfekten Waffe gegen den Militärflügel des ANC, deren Mitglieder Caroline vertrauen – nicht nur ihrer Verstellungskünste wegen, sondern auch, weil sie nachweislich mit schwarzen Kindern aufgewachsen ist und einige afrikanischen Sprachen beherrscht. Alles weitere sollte man selbst lesen. Heute Abend gibt Ruth Weiss denen, die noch nicht überzeugt sind oder mit ihr diskutieren wollen, Kostproben aus dem Buch.

Christiane Müller-Lobeck

heute, 19 Uhr, Katholische Akademie, Herrengraben 4Ruth Weiss: Nacht des Verrats, Horlemann Verlag, 235 S., 34 Mark

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