: Für Frischluft und Toleranz
Die deutsche Ökohauptstadt Freiburg im Breisgau und die iranische Reformer-Hochburg Isfahan gründeten am Wochenende die erste deutsch-iranische Städtepartnerschaft
FREIBURG taz ■ Berlin hat sie mit Moskau, Hamburg mit Chicago und Frankfurt mit Kairo. Rund 6.300 Partnerschaften unterhalten deutsche Städte und Landkreise mit Städten auf der ganzen Welt, die meisten davon in Osteuropa. Freiburg geht nun neue Wege. Am Freitag unterzeichneten Oberbürgermeister Rolf Böhme und Ali Mohammad Javadi, Bürgermeister der iranischen Stadt Isfahan, im Rathaus der Breisgaumetropole ein Abkommen über die erste deutsch-iranische Städtepartnerschaft. Eine kleine Sensation.
Während Freiburg als deutsche Ökohauptstadt gilt, ist Isfahan, drittgrößte Stadt Irans, ein Zentrum der iranischen Reformbewegung. Den Stadtrat dominieren die Reformer mit einer Zweidrittelmehrheit. Auf dem Meidan-e Schah, dem zentralen Platz der Universitätsstadt, demonstrierten während der Unruhen 1999 und erneut in diesem Jahr tausende Studenten gegen die Betonköpfe im Justiz- und Verwaltungsapparat.
Isfahan ist so etwas wie ein iranisches Novi Sad, ein Hort der oppositionellen Freidenker – und damit hochgefährlich für die konservativen Geistlichen Irans um den obersten religiösen Führer Ajatollah Chamenei. Diese konservative Nomenklatura der Islamischen Republik setzt alles daran, die Reformbemühungen von Präsident Chatami zu boykotieren. Jetzt soll Hightech aus Breisgauer Solarlabors nicht nur die wirtschaftliche, sondern auch die politische Öffnung Irans fördern.
Das Freiburger Fraunhofer-Institut, weltweit führend in der Entwicklung von Solartechnik, wird nun prüfen, wie Isfahans öffentliche Gebäude künftig mit Energie aus Sonnenwärme statt aus Ölverbrennung versorgt werden können. Freiburger Verkehrsplaner sollen den Austausch von Isfahans marodem Busverkehr durch ein modernes Straßenbahnnetz mit entwickeln. Bürgermeister Javadi erhofft sich viel vom Freiburger Know-how: „Wir haben große Probleme mit Lärm und Luftverschmutzung, da kann uns Freiburg helfen.“ Freiburgs Oberbürgermeister Böhme geht noch weiter: „Wir wollen Isfahan als Reformerstadt auf dem Weg der Demokratisierung begleiten.“
Der Austausch von Studenten und Jugendgruppen, regelmäßige Bürgerreisen und gemeinsame Präsenz auf Verkaufsmessen sollen diese erste deutsch-iranische Städtepartnerschaft zu einem Vorbildprojekt machen. „Das ist ein Schritt der Toleranz und der Öffnung Irans zum Westen“, ist sich der Freiburger OB sicher. Ein mutiger Schritt ist es allemal. FLORIAN HARMS
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