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Marschverbot

Die Stadt Dessau verbietet eine Demonstration gegen Drogen, weil sie von Neonazis angemeldet wurde

BERLIN taz ■ Der Name ist nichts weiter als Tarnung: Hinter der „Bürgerinitiative gegen Drogen“, die für morgen eine Demonstration durch Dessau angekündigt hat, verbergen sich Neonazis aus der Nachbarstadt Köthen.

„Die Anmelder sind der rechten Szene zuzuordnen und gehören zum Beziehungsgeflecht der NPD“, sagte ein Polizeisprecher. Die Stadt Dessau hat den Aufmarsch gestern verboten. Unklar war bis gestern Abend, ob die Anmelder, die aus dem Umfeld der Freien Kameradschaft Köthen stammen, nun versuchen werden, auf gerichtlichem Wege die Demonstration durchzusetzen.

Dass die rechte Szene in Sachsen-Anhalt unter dem Deckmäntelchen eines vermeintlichen „Antidrogenkampfes“ aufmarschiert, ist nicht neu. Ob Ende März in Salzwedel oder Mitte Mai in Köthen – die Aufzüge verlaufen stets nach dem gleichen Schema: das Reizthema Drogen aufgreifen, Bürgernähe vorgeben und somit eine öffentliche Neonaziveranstaltung positiv besetzen. Doch allein die Rednerlisten offenbaren den Geist. Darauf finden sich Neofaschisten wie Steffen Hupka und Christian Worch.

Die in Dessau geplante Demonstration erhält eine zusätzliche Brisanz durch die vorgesehene Route: vorbei am Stadtpark, vorbei am jenem Ort, wo im Juni dieses Jahres der Mosambikaner Alberto Adriano von drei Neonazis ermodert wurde.

Als „bewusste Provokation“ wertet das „Bündnis gegen Rechts“ die Routenwahl. „Sollte die Demonstration vom Gericht doch genehmigt werden, werden wir versuchen, sie nicht durch das Stadtzentrum führen zu lassen“, sagt Bürgermeister Holger Platz.

Nicht von ungefähr wollen die Rechten am Stadtpark vorbeimarschieren. Der Ort ist als Drogenumschlagplatz hochgeputscht worden. Der Polizeidirektor von Dessau lässt sich in der Lokalpresse mit dem Pauschalurteil zitieren: „Die Drogendealer sind Schwarzafrikaner.“

Das „Bündnis gegen Rechts“ ruft morgen, 11 Uhr, zu einer Gegendemonstration auf, Motto: „Rassismus tötet“. JR

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