: Ratzinger trotzen
„Donum vitae“ reagiert ungewöhnlich deutlich auf eine Verurteilung seiner Schwangerenberatung durch Rom
BERLIN taz ■ „Donum vitae“ setzt sich gegen den Vatikan zur Wehr. Der Vorstand der Schwangerschaftsberatung katholischer Laien beriet gestern über einen am selben Tag bekannt gewordenen Brief aus Rom, in dem die katholische Kirche dem Verein vorgeworfen hatte, eine Kirchenspaltung zu fördern. Die Vorsitzende Rita Waschbüsch konterte: „Nicht Donum vitae gefährdet die Einheit der Kirche, sondern diejenigen, die den Anspruch kirchlicher Autorität überdehnen und unterschiedliche Antworten auf schwierige Fragen unter Christen nicht dulden wollen.“ Die Vorwürfe aus Rom seien nicht neu, erklärte Waschbüsch, sondern gäben die bereits bekannte Meinung von Kardinal Joseph Ratzinger wider. Deshalb müsse der Verein den eingeschlagenen erfolgreichen Weg weitergehen.
Auslöser der Kontroverse war eine Anfrage konservativer deutscher Katholiken an die vatikanische Glaubenskongregation, deren Vorsitzender Ratzinger ist. Diese solle klären, ob „Donum vitae“ mit der innerkirchlichen Ordnung vereinbar sei und ob man ihn als katholischer Christ unterstützen dürfe. Der Verein selbst hält sich zugute, seine Schwangerenkonfliktberatung ganz im Sinne der bisherigen katholischen Beratungspraxis weiterzuführen – ergebnisoffen zwar, aber durchaus im Sinne des ungeborenen Lebens. Waschbüsch unterstrich gestern: „In Deutschland werden jährlich mehr als 130.000 Schwangerschaftsabbrüche erfasst. Es gibt keinen Zweifel daran, dass Christen alles ihnen mögliche tun müssen, um diese Zahl zu reduzieren.“
Die Oberhirten in Rom hatten in ihrer Antwort auf die Anfrage aus Deutschland solche Argumente nicht gelten lassen. Wenn „Donum vitae“ weiterhin an der Schwangerenkonfliktberatung mitwirke, handele der Verein „in offenem Widerspruch“ zu den Anweisungen des Papstes, verkündigte der Apostolische Nuntius in Deutschland, Giovanni Lajolo, im Auftrag der Glaubenskongregation.
„Bei der Anweisung des Heiligen Vaters, es sei nicht erlaubt, einen Beratungsschein auszustellen, handelt es sich um eine Feststellung lehrmäßiger Natur, die der Papst in Feststellung seines obersten Hirtenamtes gegeben hat“, teilte Lajolo im Namen Ratzingers schriftlich mit. Außerdem begünstige „Donum vitae“ eine Kirchenspaltung, da der Verein der „hierarchischen Kirche“ eine Laienkirche gegenüberstellen wolle, die autonom und unabhängig vom Papst handele, heißt es in dem Papier.
Damit werden die gläubigen Katholikinnen von „Donum vitae“ in die Nähe von Häretikern und Schismatikern gerückt.
Der Verein „Donum vitae“ wurde am 24. September 1999 gegründet, um den Ausstieg der katholischen Kirche aus der Schwangerenkonfliktberatung am 1. Januar 2001 aufzufangen. Derzeit arbeiten bundesweit bereits elf Beratungsstellen, weitere sind im Aufbau.
KARSTEN NEUSCHWENDER
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