: prof. ernst schrimpff über ...
Pflanzenöl als Rohstoff der Zukunft
taz: Welcher Rohstoff kommt als Nachfolgetechnik für den benzin- oder dieselbetriebenen Automotor in Frage?
Prof. Ernst Schrimpff: Eindeutig Pflanzenöl. Derzeit kann jedoch auf deutschen Äckern nicht die Pflanzenölmenge erzeugt werden, die der extrem verschwenderische Verkehr benötigt. Rechnerisch könnten jedoch 15 Prozent davon gedeckt werden, wenn jeder vierte Hektar Ackerboden mit Raps bebaut würde.
Wie viele Fahrzeuge fahren in Deutschland heute mit deutschem Erdöl?
Weit unter einem Prozent. 70 Prozent der Welterdölreserven liegen im Nahen Osten, also in Saudi-Arabien, Kuwait, Bahrain, Irak und Iran. Welch ungeheure geopolitische Abhängigkeit!
Warum sollten wir in Zukunft nicht Pflanzenöl aus der Dritten Welt, insbesondere aus den tropischen Ländern importieren?
Jedes Land auf unserem Planeten hat heimische Ölpflanzen, die unter anderem für eine Pflanzenölproduktion angebaut werden könnten. In der Sahelzone zum Beispiel gedeiht die Purgiernuss als Windschutzhecke vorzüglich. Mali deckt inzwischen etwa ein Drittel seines Erdölbedarfs mit heimischem Purgiernussöl. Es gibt weit über 1.000 anbaufähige Ölpflanzen auf der Welt. Wenn man eine davon als Beispiel herausgreift, die einen überdurchschnittlich hohen Ertrag aufweist – die Ölpalme mit bis 10.000 Liter pro Hektar und Jahr –, und diese nur auf 12 Prozent der Gesamtfläche Afrikas anbauen würde, könnte mit der jährlichen Pflanzenölernte der derzeitige verschwenderische Erdölbedarf der Welt ersetzt werden. Realistischer und ökologischer ist es natürlich, die jeweils heimischen Ölpflanzen in jedem Land anzubauen.
Gibt es auch europäische Beispiele?
Sicher. Dass naturbelassenes Pflanzenöl als Kraftstoff auch ökologisch sinnvoll ist, kann man in Bayern beobachten. Dort laufen seit Jahren erfolgreiche Feldversuche bei Öko-Landwirten, die keine Mineralöldünger und keine synthetischen Spritzmittel verwenden und keine Monokulturen, sondern Mischfruchtanbau betreiben. Dabei werden große Mengen Pflanzenöl zusätzlich zur angestrebten Ernte gewonnen, sozusagen als Gratisbeigabe. Die könnten für die landwirtschaftlichen Fahrzeuge verwendet werden. Es ist bekannt, dass konventionelle Landwirte etwa 80 bis 100 Liter Treibstoff pro Hektar und Jahr für die intensive Bodenbearbeitung benötigen. Öko-Landwirte, die Minimal-Bodenbearbeitung betreiben, brauchen weit weniger.
Also hat Pflanzenöl eine Zukunft?
Aber ja. Es kann und wird der zukünftige, umweltfreundliche und sozialverträgliche Erdöl-Ersatz weltweit sein. QUELLE:SOLARENERGIE-FÖRDERVEREIN AACHEN
Prof. Schrimpff lehrt an der Fachhochschule Weihenstephan. Seine Fächer sind Standortkunde und Erneuerbare Energien.
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