Kunst im Erbsendunst

■ Über post-natale Kreativität oder von der Aura der Leasing-Werke: Eine Glosse (?)

Jetzt haben wir den Salat. Hat Omma doch tatsächlich ihre Lieblingsgemälde in die Wohnung geholt, bisschen Picasso, bisschen Rembrandt – und billig wars auch noch; geht ja alles so einfach heutzutage. Überhaupt herrscht derzeit ein salopper Umgang mit der Kunst. Omma hat doch einfach den Picasso in unsere schmuddelige Küche gehängt; ist den Verleihern eigentlich klar, was das bedeutet? Dass das Bild zwischen den Düns-ten unserer Samstags-Erbsensuppe, dem sonntäglichen Vegetaro-Braten nebst Soße und dem alles vernebelnden Zigarrenqualm unseres Oppas wird überleben müssen?

Und dann das Kinderzimmer! Doch nicht den Rembrandt da rein, wo ja jeder weiß, dass Kinder gern mal auf 'ner Leinwand rumkritzeln, besonders die kleine Aurelia, wo die doch jetzt so schön freihändig laufen kann. Das glauben die Kunst-Verleiher doch nicht ernsthaft, dass sie den Originalwert, das Original-Flair der hehren Kunstwerke auf diese Art bewahren können!

Oder ist ihnen vielleicht klammheimlich daran gelegen, von den Entleihern Gestaltungsvorschläge einzuholen, um dem einen oder anderen einfallslos gewordenen zeitgenössischen Künstler mal 'nen Tipp zu geben? Ist die Aktion „Leasing-Kunst“ also in Wirklichkeit Teil eines gigantischen gesellschaftlichen Experiments, das dazu dient, einerseits die Haltbarkeit der neuen Ölfarb-Antifett-Beschichtung und die Kreativität der Bevölkerung andererseits zu testen?

In dem Fall müssten die Betroffenen eigentlich noch was dafür kriegen, dass sie sich so engagiert an der Verschönerung der Kunstlandschaft beteililgen. Und für die Kleinsten könnte man vielleicht mal 'n Kinderfest organisieren – unter dem Motto post-natale Kreativität oder so... Petra Schellen