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Still happy mit „Still I'm sad“

■ Die Yardbirds, die größte Gitarristentalentschmiede der 70er, badeten am Freitag im Meisenfrei noch einmal im Applaus

Immerhin dreißig Mark musste hinlegen, wer die britische Rocklegende erleben wollte: Die Yardbirds, Zeitgenossen von Beatles und Stones, wenngleich nie mit annäherndem Erfolg gesegnet. Den erspielte erst Jimmy Page, der letzte Gitarrist der Band vor ihrer Auflösung, mit den „New Yardbirds“, die zur größten Rockband der Siebziger Jahre wurden – allerdings nannte Page sie vorher noch kurz in „Led Zeppelin“ um.

Vor ihm hatten Eric Clapton und Jeff Beck bei den Yardbirds Gitarre gespielt. Warum auch immer: Diese Namen kennt heute noch fast jedeR Musikinteressierte, während die Yardbirds vergessen sind. Völlig? Nicht ganz.

Es dürften gut 200 Leute gewesen sein, die am Freitag das Meisenfrei aufsuchten, um die neuformierte Band zu sehen, die mit Schlagzeuger Jim McCarty und Rhythmusgitarrist Chris Dreja immerhin noch zwei Mitglieder der Urbesetzung aufwies. Keith Relf, der ursprüngliche Sänger der Band starb 1976 und klang ohnehin nie so unverwechselbar, wie z.B. sein Kollege bei den Stones, weshalb John Idan seinen Platz ohne große Verluste einnehmen konnte.

Was also schon ehedem das Problem der Yardbirds gewesen sein mag – die Unterlegenheit in Sachen Charisma – konnte am Freitag Anlass für den Verdacht sein, man habe es hier mit einer Cover-Band zu tun, wenn auch einer überaus exzellenten. Hand aufs Herz: Wer weiß schon, wie Chris Dreja 30 Jahre später aussieht? Wer würde den Sound seiner Rhythmus-Gitarre unter anderen und die unverkennbare Hihat-Technik von Jim McCarty auf Anhieb erkennen?

Was die Yardbirds seinerzeit ausgemacht hat, waren neben den Gitarristen, von denen alle Kollegen von damals wegen Erfolgs anderweitig beschäftigt waren und deshalb an der Reunion nicht teilnehmen konnten, für damalige Verhältnisse durchaus wilde R&B-Songs wie „I'm Not Talking“, „Heart Full Of Soul“, „For Your Love“ – allesamt im Repertoire – oder „Still I'm Sad“, in das die Yardbirds geschichtsklitternd einige Takte aus „Dazed & Confused“ (Led Zeppelin) einflochten. Bis auf „Shapes Of Things“ ließen sie nichts aus.

Und sie machten ihre Sache gut, das steht ganz außer Frage. Zwar sah man ihnen an, dass sie im Laufe ihres Lebens so manchen Drink gekostet haben müssen, zwar war das Haupthaar des Chris Dreja schütter, aber sie hatten Spaß an ihrer Musik. Keine zynischen alten Säcke, sondern ein paar – sagen wir – reifere Jungs, die im Applaus badeten und sich durchaus eher um Energie bekümmerten als um muckerhafte Perfektion. Andreas Schnell

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